Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

264 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; erſte Familie: Falkenvögel.

feinkörnig und auf gelblichweißem Grunde mit bläſſeren und dunkleren rotbraunen Punkten und Sprißfle>en dicht bede>t. Anfang Auguſt ſind die Jungen ausgeflogen und werden nun von ihren Eltern eifrig unterrichtet. Sobald ſie die Kunſt des Fangens erlernt haben, tritt alt und jung die Winterreiſe an.

Leichter als jeder andere Edelfalke, den nähſten Verwandten und treuen Genoſſen vielleicht ausgenommen, läßt ſih der Rotfußfalke dur einfache Fangvorkehrungen berücen. Eine Heuſchre>e, Grille oder ſonſtiges größeres Kerbtier wird da, wo er vorkommt, in erſichtlicher Weiſe zur Schau geſtellt und mit Leimruten umgeben, die an ſeinem Gefieder hängen bleiben und ſeinen Flug lähmen, ſowie er ſih anſchi>t, die erhoffte Beute aufzunehmen. Wie ich von denen, die ih ſelbſt pflegte oder in Tiergärten ſah, folgern zu dürfen glaube, fügt er ſich leicht in die Gefangenſchaft. Jh darf wohl ſagen, daß ein mit Rotfußfalken beſebter Käfig jedermann feſſeln und jeden Beobachter anmuten muß. Sie beſigen alle guten Eigenſchaften der Falken und no< außerdem ihre Schönheit. Fhre Haltung iſt zierlich, ihr Weſen verträglich, ihre Raubſucht, der Kerbtiernahrung entſprechend, verhältnismäßig gering. Jhnen gewidmete Aufmerkſamkeit und Pflege erkennen ſie dankbar an. Sie kennen ihre Freunde genau und begrüßen ſie dur freudigen Zuruf. Ohne jegliche Bedenken darf man ſie geſellſchaftsweiſe zuſammenhalten oder ebenſo mit Nötelfalken zuſammenbringen; ſie würden ſih wohl auh mit {<wächeren Eulen vertragen. Es verurſacht ihnen anſcheinend Mühe, einen kleinen Vogel abzuwürgen, obgleich ſie ſelbſtverſtändlih ihn ſofort angreifen. Meine Pfleglinge ernährte ih mit Droſſelfutter; dabei ſchienen ſie ſich re<t wohl zu befinden. Sie hatten ſi< bald an die Miſchung gewöhnt und zeigten ſich ſehr geſchi>t, das Gemengſel aufzuklauben. Sonderbar genug ſieht es freilih aus, einen Falken in dem Gemiſche von klar gehad>tem Fleiſche, geriebenem Brote, Möhren und Ameiſeneiern herumſtöbern zu ſehen.

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Die Zwerge aller Falken bewohnen Südaſien. Sie ſind Fangvögel von der Größe einer Lerche, machen aber ihrer Stellung alle Ehre, denn ſie wetteifern an Mut und Kühnheit mit den ſtärkſten Edelfalken. Die Gattung der Zwergedelfalken (Hierax), die fie bilden, kennzeichnet ſih dur<h kurzen, kräftigen Schnabel mit ſcharfem Zahne im Oberkiefer und einer Ausbuchtung jederſeits (weshalb oft von zwei Zähnen geſprochen wird), durch kurze Swingen, in welchen die glei langen zweiten und dritten Federn die anderen überragen, dur fehr kurzen, gerade abgeſchnittenen Schwanz, kurze, ſtarke Fußwurzeln mit wenig verlängerten Mittelzehen, die wie die übrigen mit ſtarken Klauen bewehrt ſind.

Dieſe kleinen niedlichen Falken, die Kaup mit den Papageien vergleicht, ſind Fndien und den malayiſ<hen Ländern eigentümlih und in etwa einem halben Dugend Arten daſelbſt verbreitet.

Die bekannteſte Art iſt der Muti der Jnder oder Alap der Javanen (Hierax coerulescens und malayanus, Falco coerulescens und fringillarius), ein Vogel von hôhſtens 20 cm Länge, deſſen Fittih 9 und deſſen Schwanz 6 cm mißt. Scheitel, Na>en, Schwanz und die aus langen, ſeidenweihen Federn gebildeten Hoſen find bläulihſhwarz, Vorderkopf, Kehle, Bruſt und ein Streifen vom Schnabelwinkel bis auf die Schultern roſtrötlichweiß, die übrigen Unterteile roſtrot. Runde weißliche Fle>en im Schwanze bilden vier zierliche Vinden; die Schwingen ſind ähnli gezeichnet. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel braunſhwarz, der Fuß lichtblau.

Der Muti, ein allen Eingeborenen ſehr bekannter Vogel, verbreitet ſi über ganz Südaſien. Über ſeine oder ſeiner Verwandten Sitten iſt leider ſehr wenig bekannt; ſelbſt Ferdon weiß nichts Weſentliches zu berichten. Es wird geſagt, daß alle Zwergedelfalken muntere