Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Schreiadler. Zwergadler. 287

Die Jagd iſt niht beſonders ſ{<hwierig; denn der Schreiadler wird nur dann vorſichtig und ſcheu, wenn er wiederholt Verfolgungen erfahren hat. Mik dev Büchſe erlegt man ihn ohne Mühe; gewöhnlich läßt er ſi bei einiger Achtſamkeit auh mit dem Schrotgewehre unterlaufen. Jh glaube, daß man wohl thut, ihn möglichſt wenig zu behelligen; denn aus allem, was ih erfahren habe, dürfte hervorgehen, daß er weit mehr Nuten bringt, als er Schaden anrichtet. Es mag ſein, daß er ab und zu auch einen älteren Haſen oder ein Rebhuhn wegnimmt; dieſen geringen Schaden vergütet er aber dur ſeine Mäuſe- und Shlangen: jagd mehr als reihli.

Am 7. Oktober 1810 wurde im öſtlichen Thüringen, ungefähr 2 Meilen von Renthendorf, meinem Geburtsorte, ein kleiner Adler geſchoſſen, der ſi von dem einzigen bis dahin bekannten Verwandten in der Färbung ſo weſentlich unterſchied, daß mein Vater ſich veranlaßt ſah, ihn unter dem Namen Zwergadler (Aquila minuta) als noh unbekannte Art zu beſchreiben. Bis in die neuere Zeit glaubte auch ih, den Unterſchied feſthalten zu dürfen, um ſo mehr, als es mir gelungen war, während meines Aufenthaltes in Ägypten mehrere glei gefärbte Adler zu erlegen, an welchen feſtgeſte!lt werden konnte, daß die ſie auszeihnende dunkle Färbung weder auf einen Alterszuſtand, noh auf das Geſchlecht ſich beziehe, vielmehr den Männchen wie den Weibchen und den Alten wie den Fungen gemeinſchaftlich ſei. Nachdem jedoch in den lebten Fahren durch übereinſtimmende Beobachtungen feſtgeſtellt werden konnte, daß unſer dunkelbrauner Zwergadler mit dem längſt bekannten Stiefeladler (Aquila pennata) ſi paart, ja daß man unter den Jungen eines Horſtes bereits dunkel und hell gefärbte findet, mußte die Arteinheit beider Adler anerkannt werden.

Dex Zwergadler (Aquila pennata, minuta, paradoxa, nudipes, maculatiroetris und albipectus, Falco, Hieraëtus, Butaëtus und Nisaëtus pennatus, Spizaëtus milvoides, Butaquila strophiata, Morphnus dubius), wie ih ihn nennen will, iſt vielleiht der anmutigſte Vogel der ganzen Gattung. Die Länge des Männchens beträgt 47, die Breite 113, die Fittichlänge 36, die Shwanzlänge 19 cm. Das Weibchen iſt um 4 cm länger und um 8 cm breiter als das Männchen. Bei den hellen Stücken ſind Stirn und Zügel gelblihweiß, Scheitel, Va>en und Ohrgegend dunkelbraun, alle Federn an der Wurzel weiß und dur< ſhwarze Schaftſtriche dunkel in der Länge gefle>, Geni> und Naen rötlichbraun, Mantel und Flügel ſ{<hwarzbraun, kupferpurpurbraun glänzend, mit lihterer Schattierung, die durch die helleren Federränder entſteht und, da ſie auh an den großen Flügelde>federn ſich zeigt, zwei undeutliche Binden über die Flügel bildet, die Handſwingen ſ<hwarz-, die Armſchwingen dunkelbraun mit drei verloſchenen Querbinden auf der Jnnenfahne, leßtere auh mit braunem Endrande, die an der Spive liht geſäumten Steuerfedern oben dunkelbraun, unten lichtgrau, die Unterteile auf lihtgelblihem Grunde mit braunen Schaftfle>en gezeichnet, die an der Kehle und Bruſt am dichteſten, am Unterleibe aber am ſpärli<hſten ſtehen, auf den Hoſen teilweiſe fehlen und bei ſehr alten Vögeln ſi auf einen kleinen Teil der Bruſt beſhränken. Ein weißer Fle>en ziert die Schulter. Das Auge iſ hell erzfarben, der Schnabel am Grunde hellblau, an der Spiße ſ{hwarz, der Fuß zitron-, die Wachshaut ſtrohgelb. Der junge Vogel unterſcheidet ſih dur licht roſtrötlichere Unterſeite, gleicht aber ſonſt ganz dem alten; die Neſtjungen ſind auf der Oberſeite braun, unten roſtrotgelb ohne Schaftſtriche und zeigen noh niht weiße Schulterfle>en.

Bei den dunkeln Stücken hingegen ſind Kopf und Na>en matt rotbraun, mit {wärzlihen, auf dem Vorderſcheitel beſonders hervortretenden Längsfle>ten, die Mantelfedern dunkel-,, die längeren Schulterfedern ſhwarzbraun, die übrigen Mantelfedern erdbraun, die Schwanzſedern mattbraun mit 3—4 deutlih ſ{<wärzlihen Binden und hellerer Spiße die Unterteile endlih gleihförmig tief dunkelbraun mit kaum bemerkbaren ſ{wärzlichen,