Charakterologie

228 Die pjychoanalytiijhe Charafterlehre

die außerordentliche Rolle des Triebhaften, bejonders des Seruellen, in allen jeelijchen Erkrankungen aufgezeigt. Wenn die Gedanfengänge eines Patienten, nachdem jein forrigierender Wille ausgejchaltet ijt, und er jid) dem Binträumen überläßt, immer wieder auf bejtimmte Dinge fommen, die unverkennbar auf Seruelles hinweijen, jo ijt jelbjtverjtändlih die Afjoziationsmethode ein wichtiges methodijhes Mittel, um die Dertarnungen dur das Bewußtjein auszujchliegen. Das darf aber nicht jo verallgemeinert werden, daß die ajjoziative Nähe an jic) |hom anzeigte, dak der betreffende Gedante verfappt jeruell jei. Um die Annahme zu rechtfertigen, daß ein Gedante nur eine „geiltige Sajjade” für eine jeruelle Regung darjtelle, muß jich dieje Regung jelbjt mit ihrer ganz bejonderen affeftiven Tönung zeigen. Dor allem aber muß der Patient jelbit auf das Seruelle fommen und nicht der von vornherein auf jeruelle Äußerungen wartende Analytifer. Denn wie man jich leicht überzeugen Tann: wir fönnen von jedem Gedanken durch hödjitens zwei oder drei Brüden auf jeden anderen Gedanken fommen. Alle Gedanken jtehen in großer ajjoziativer Nähe zueinander, — jie gleichen darin einem durch lange Jahrzehnte ausgebauten Eijenbahnnet. (Am beiten jieht man das an Menjcen, die zu jolhen Derbindungen eine bejondere Begabung haben: 3. B. den jogenannten Schnellöichtern in Kabaretts. Sie fönnen von nahezu jedem Gedanken zu jedem anderen Sinnbrüden jchlagen.) Daß aljo ein AnaIytifer die Gedantenäußerungen anderer Menjchen bligjhnell ins Seruelle führen fann, bejagt noch nicht das Geringite darüber, daß der Gedante im Patienten etwas Seruelles vertrat. Das geht aus dem Afjoziationsverfahren erit hervor, wenn der Patient eine bejtimmte affeftive Spannung zeigt und jelbjt deutlic) immer wieder auf etwas Seruelles hinjteuert, oder auf Symbole von Seruellem, die ohne afjoziative Kuntitüde des Analytifers ji) als jolche verraten.

Die Symbollebre an fid} (aus Beobadhtungen des Traumes und des freien Alloziierens erwachien) ijt eines der merfwürdigiten Kapitel der Piychoanalyje und verdient größte Beachtung. Sie hat den inneren Sinn zahlreiher Zwangsbandlungen erjchlojien, liefert fraglos einen tiefen Beitrag zum Derjtändnis des Mythos und des „Archaijchen“ in uns, und hat die Traumforjhung auf eine völlig neue Grundlage gejtellt. Sie läßt jich in jehr vielen Sällen unmittelbar beweijen. — Um jo bedauerlicher ijt es, wenn nun ajjoziative Nähe eines Gedan= tens zum Seruellen gleichgejeßt wird damit, dak der Gedanfe „eigentlich jeruell” fei. Die große Gejtaltähnlichteit der Triebjtruftur mit der Geijtesjtruftur eines Menjchen braucht bei der Einheit des Lebens nicht zu perwundern. Offenbar hat die Scham (die ein lebensnotwendiger Saftor im Aufbau der Seele ijt) unter anderem aud die Sunktion, die Unterjhiede zwijhen Niederem und höherem