Charakterologie
230 Die pjychoanalytiihe Charakterlehre
bis jie verarbeitet find. Aber in der Sorm, die die Piychoanalyje heute bat, ijt fie eine Lehre, die überall verjtridt ijt in eine uns fremde weltanjchauliche Zielrihtung. Diefe fann nicht die unjrige werden, weil jie unferer Stellung zum Weltganzen widerjpricht, und weilfie, als eine deutlich einjeitige Ausdeutung, den tatjächlichen Befunden aufgezwungen ilt.
Nach dem ganzen Anja der Pjychoanalyje ijt es klar, daß der Begriff des „Charakters, wie er in diefem Bude zu Anfang präzijiert wurde, überhaupt nicht vorfommt. Er finge ja in jeiner wejentlichen Bedeutung erit da an, wo die Analyje aufhört: nämlicy jenjeits des gejchlojjenen Syitems. Eine nach mechanijtijchem Modell gedachte Seele ijtfein „Charater”.
Steud hat dennoch audy eine fleine „Charafter-Typologie“ gegeben. Sie fann hier nicht näher bejprochen werden, weil fie eine genauere Kenntnis des ganzen Syjtems vorausjeßt.!) Sreud jtellt dort an jic originell gedachte Typen auf, aber es bleiben Typen der Triebmechanif, danad) geordnet, in welchen jeelifhen Bezirfen die Libido vorzugsweije untergebracht wird. Da bei Steud das Ich im Grunde genommen nur ein bejonderes „Es“ ijt, jo muß aud) der Charakterbegriff fonjequenterweije ein pajjiver fein, womit er fich jelbjt aufhebt. Die vom Charakter unabhebbare Wertdimenjion fehlt gänzlich, — es bleiben Bilder, die wie phyjitaliiche Strufturen anmuten. Obendrein find aud) fie wieder mit Namen bejchrieben, die aus dem Gebiet der Franken Pjyche und der Derverjionen entnommen. find. („Zwangstyp“ — „narzißtijcher Typ“.)
Die Kritit der im folgenden zu bejprechenden Individualpjycologie gibt übrigens noch mehrfach Gelegenheit zu Rüdbliden auf die Pjycoanalyje. Bejonders gibt der Abjchnitt S. 247 („Das Derhältnis der Bindung und Steiheit in der Individualpjychologie und in der Piychoanalyje“) Ergänzungen zu diefem Kapitel, auf die hier verwiejen jei.
9. Weiterbildungen der Pfychoanalyfe. (€. 6. Jung und jeine Schule.)
Wenn wir von der Individualpjychologie abjehen, die jich zu einem eigenen Syjtem entwidelt hat (und von uns gejondert behandelt wird), jo jtellt jich die Weiterbildung der Piychoanalyje durdy €. 6. Jung als die bedeutendite dar.
Jung jeßt beim „libido“-Begtiff ein. Die gelegentlichen Derjicherungen im Kreife um $teud, daß libido ein qualitätslojer Begriff jei, an Inhalt-
1) „Libidinöje Typen“. Intern. Zeitjchr. j. Pjychiatrie. 1951, 8. 10.