Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

162 Wegen Meineid®.

den Arm ihrer Mutter und zog dieſs, die ebenfalls pein= li berührt wax von der Begegnung, in auffallender Haſt mit ſich fort.

„Was hat denn Die hier ſchon wieder?“ fragte Herr Reinert hämiſch hinter Elſe hex.

„Schon wieder?“ fragte der Gericht8dienex.

„Na — ja! Sie hat ’mal bei mir lange Finger gez macht, hat auh ſchon geſeſſen!“ erwiederte ex mit einen ſo boshaften Funkeln der Augen, daß ſogar der Gericht diener davon peinlich berührt wurde.

Clſe's Kniee wankten, als ſie auf die Straße trat. Reinert! Reinert dort im Gerichtëlokal! Und jeht fiel ihr au erſt ein, daß ſie eine falſche Ausſage gemacht, daß ſie ſtrafbar ſei.

„Du mußt Dich aber wirklich etwas beherrſchen, Clſe Otto hat Recht! Du machſt ja ein Aufſehen mit Deiner Aufz regung! Ganz todtenblaß biſt Du von dem Anbli> Reinert's ! Wie böſe ſah er aber auh aus!“ ſagte die Mutter. —

Nur wenige Tage ſpäter war die ganze Stadt in Auf= ruhr über einen Fall, der die allgemeinſte Theilnahme neben dem höchſten Erſtaunen erregte. Man kannte die bez treffenden Perſönlichkeiten wenig, es hieß, ſie ſeien a<htungswerthe Leute; um ſo trauriger war der Fall, dex unter der Ueberſchrift: „Ein Familiendrama“, în der Zeitung mitgetheilt wurde.

Und darin hieß es, daß Elſe Mühlbrandt, die einzige Tochter dex Paſtorenwittiwe Mühlbrandt , in der Luifen= ſtraße wohnhaft, gefänglich eingezogen worden, weil ſie des Meineids angeklagt ſei. Dex Reporter, dex die Sache