Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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var ſehr herzlih und ſchr rührend. Wir ruhten uns ein ivenig aus, die Truchſeß und die Berg, die wir in Granſee fanden, fuhren von hier an mit mix, die Fürſtlichkeiten fuhren zuſammen. Mit viel Zeit und Muße, ohne daß die Pferde ſih übernahmen, kamen wir endlih in Streliß an, die Herren und Damen des Hofes waren zum Empfang verſammelt; Alle wurden vorgeſtellt, dann ging Jedes in ſein Zimmer. Meine Enkeltochter, die Gräfin Vosf, war aus Groß-Giewihß gekommen, mich zu begrüßen ; das freute mich. 28. Juni.

Jh hatte viele Viſiten, es wurde früh gegeſſen, dann fam dex König mit dem jungen Prinzen Friedrih und Luk an. Ex ſchien mix heiter und zufrieden zu ſein und Alle waren glüli<h. Etwas ſpäter fuhr ih mit meinem Enkelſohn Vosf nach Groß=-Giewiß.

1, Juli.

J<h wurde in Groß =Giewiß ganz früh durch eine Stafette mit einem Brief von Schilden gewe>t, der mix im Namen des Königs ſchrieb, die Königin ſei krank geworden und ih müßte augenbli{lih zurückkommen. Jch fuhr ſofort mit meinem Enkelſohn, ſo raſh ich konnte, na<h HohenZieriß, wo ſich dex Hof befand, und fand die Königin zu meinem Schre>en ſehr verändert und na<h meiner Anſicht ſehr bedenklich krank. Es war eine Lungenentzündung; das Fieber ſehr ſtark; man hatte ihr zur Ader gelaſſen; nicht blos ih, au< der König war ſehr erſhro>en und beſorgt. Eine Menge Menſchen kamen fortgeſehßt aus Stxreliß, um Nachrichten von der Königin zu haben; ih ging ab und zu in dem Krankenzimmer, hatte eine unglaublich ſ{<le<hte, kleine Stube, in der eine entſehliche Hiße wax und fand die Ein-