Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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bereits eine Berathung ſtattgefunden hat, alle Vorſichts= maßregeln getroffen ſind und nah Braunſchweig geſchrieben worden: ob man im Nothfall den Königlichen Schaß dorthin ſchien dürfe, au< falls die Lage noh ernſter werde: ob der Hof ſih nah jener Seite hin flüchten könne. Aber bis jeht denkt man no< an keinen Aufbruch von hier und wird bleiben, ſo lange man irgend kann.

Nach Tiſche kam der Jude Ephraim, der Berlin wenige Stunden vor dem Einmarſch der Ruſſen verlaſſen hatte. Er verſicherte uns, no< ſei man hier geborgen; wenn irgend eine Gefahr für Magdeburg möglich wäre, würde er niht hergekommen, ſondern mit ſeinen Werthſachen außer Landes gegangen ſein.

Abends war ih bei der Prinzeſſin, die böſe auf Kraut war, und ganz mit Recht, denn ex hat in ihren Vorzimmern aus Sparſamkeit Talglichtex anſtatt der Wachskerzen brennen wollen, worüber ſie ſehr beleidigt war.

f 12. October.

Jn dex Kirche, wo der Paſtor Sucrow eine wunder-= volle Predigt hielt. Er ſagte auf das Eindringlichſte und Ergreifendſte, daß wir in den Trübſalen, die uns treffen und beſonders in unſerem jehigen Unglück vox Allem unſerer Sünden ernſtlich gedenken ſollten, unſere Hülfe allein bei Gott ſuchen, uns einzig auf Jhn verlaſſen, uns in Seinen Willen ergeben, unſer Glück und all unſeren Troſt in Seiner Gnade ſuchen follen und ſonſt nirgends! — Ach, wie glü>lih wäre man, wenn man dies Alles wahrhaft zu Herzen nähme und wenn es Einem gelänge, ſein Herz von der Welt und ihrer Eitelkeit loszureißen! —

Nachmittags kam ein großer Wirthſchaftswagen von

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