Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Von Schmidt-Weißenſels. 187

„Deine Qual entwand mir der Trauer und des Erbarmens rina Franzisfa, in ihrer Gei ie Geſtalt, wax die Tochter von Lamberto di Polenta, Herrn der unter Ober= herrlihfeit des Papſtes ſtehenden Stadt Ravenna, in deren Nähe das alte Stammſchloß ſeines Hauſes ſtand. Im 13. Jahrhundert, welchem dies vom Dichter verewigte Ereigniß angehört, beſtanden in Ftalien zahlreiche fleine Herrſchaften von Adeligen, die behufs Vergrößerung ihres Gebietes benachbarte Stadtrepubliken unter ihre Gewalt zu bringen ſuchten. Zum Theil geſchah dies dadurch, daß fie als Kämpfer und Herren über ſtreitfertige Mannſchaften in den fortwährenden Fehden der Ritter und Bürger unter= einander fi einer Stadt als Feldhauptleute anboten, für ſie tämpften, dann die Podeſtawürde ſi<h von ihr übex= tragen und dieſe wie eine dauernde in ihrem Geſchle<ht ſich von dem Oberherrn beſtätigen ließen, welcher entweder der Papſt oder der Kaiſer war. Die zum Papſt haltende Partei der Guelfen hatte ihre Führer zumeiſt in den ade= ligen Kreiſen, beſonders unter den Baronen und Grafen, die als feine Dynaſten ſi< aufſpielten; die kaiſerlih ge= finnten Ghibellinen dagegen fanden ihre Stüße mehr in den Städten und den unabhängigen BVürgerſchaften derſelben. Die Polenta gehörten der päpſtlichen Partei an und waren tapfere und immer gerüſtete Streiter, und dies war der Grund, we8halb Lamberto vom Papſt mit der Herren= würde über Ravenna belohnt worden war. Ex beſaß mehrere Kinder, Söhne und Töchter, von denen e die älteſte war.