Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

204 Die ſchwarzen Kabinette.

franzöſiſche Beamte verwendet wurden. Die Präfekten hatten den Auftrag, alle ihnen verdächtig erſcheinenden Briefſchaften auf der Poſt anzuhalten und zu erbrechen. Napoleon's Freund, Las Caſes, berichtet : „Sobald Jemand auf der ſ<warzen Liſte verzeichnet war, ließ das Bureau des Kabinets ſofort ſeine Siegel nachbilden, ſo daß ſeine Briefe, nachdem ſie erbrochen und geleſen waren, ohne Schwierigkeiten wieder verſchloſſen und, ohne daß die Qeſſ= nung bemerfbar wurde, an ihre Adreſſe befördert werdet fonnten. Die Koſten des Bureau's verſchlangen jährlich 600,000 Franken. Der Polizeiminiſter Savary bekannte felbſt, daß die Jntrigue ſich oft dieſes Mittels bedient habe, um ihre Liügengewebe unter dem Schein unanfe<ht= barer Wahrheiten vor die Augen des Kaiſers zu ſchaffen und auf dieſe Weiſe die ehrenwertheſten Leute um Ruf und Stellung zu bringen. Man brauchte nur einen Brief auf die Poſt zu geben, der einen dem entſprechenden J1= halt hatte. Als freilich Napoleon's Glüctsſtern geſunken war und ex als Verbannter auf St. Helena ſaß, waren ſeine Anſichten von dem ſchwarzen Kabinet andere geiwor= den; ex habe ſich deſſen nux bedient, äußerte ex, um die geheime Korreſpondenz ſeiner Höflinge, Miniſter und Offiz ziere kennen zu lernen, wobei es ihm aber nie gelungen ſei, von einem feiner Räthe, an dem ihm beſonders viel gelegen war, au< nur einen einzigen Brief aufzufangen. Er verwarf das Syſtem des Kabinets zwar nicht aus Gründen der Moral, wohl aber, weil ex es für unwirkſam hielt.

Die Exiſtenz des „Cabinet noir“ blieb auch unter den