Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.
Von Oswald Heim. 203
der gedru>ten Neujahrêwünſche brachte der im Laufe des 18, Jahrhunderts ſi<h einbürgernde Gebrauch der Viſiten= farten hervor; ſie waren die Veranlaſſung, daß die Gliück= wünſche die Form von Karten annahmen, ſo daß die Erſt= linge unſerer heutigen Gratulationskarten eigentli<h erſt dieſem Jahrhundert entſtammen. Jm 18. und im Beginn unſeres Jahrhunderts waren vorzugsweiſe in Kupfer ge= ſtochene und fodann ftolorirte, ſowie ferner in Papier er= haben gepreßte, oder auch mit rofa, grünem und blauenr Atlaß überzogene Karten in Mode; ſie zeigten blumen= ſpendende Genien, die das Füllhorn ausleerende Fortuna 1nd beſonders häufig den Altar der Freundſchaft, welcher im Zeitalter der Sentimentalität und überſhwänglichen Gefühls= äußerung, in dem man die Schließung von Freundſchafts= bündnifſen mit feierlichen Schwüren, rührenden Ceremonien und ſtrömenden Thränen ſo ſehr liebte, natürlich hier niht fehlen durfte.
Beſonders intereſſant ſind die verſchiedenartigen Bräuche, welche bei der Boxfeier des Neujahrs am Sylveſterabend oder in der Neujahrsna<ht im Schwange ſind.
Dex Sylveſterabend, welcher in jene Zeit fällt, die dem Gotte Fro (Freyr) beſonders heilig war, ſoll na< dem Volksglauben für Liebezorakel_ und vornehmli<h für die Brautſchau äußerſt günſtig ſein. Jn den verſchiedenen Gegenden Deutſchlands gibt es zahlloſe Hierauf ſich be= ziehende Bräuche, welche aber alle in dem Kultus des Fro, als des Gottes der Ehe, ihre Quelle haben. Vor Allem iſt es das Shwimmenlaſſen von Nußſchalen und das Blei= gießen, was an dieſem Abend von Liebenden geübt wird,