Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Von Roderich Trenkhorſt, 193

fo ſehr er in ihm den zukünftigen großen Maler ſchäßte, var ein zu verſtändiger Mann, als daß er den Verſuch gemacht hätte, in dieſer ſchivierigen Situation eine für Seghers günſtigere Wendung herbeizuführen.

Es war Breughel infolge deſſen weder Überraſchend no< unlieb, als Daniel vierzehn Tage vor der Hochzeit Cſaire’s bei -ihm erſchien und ihm mittheilte, daß er in den nächſten Tagen ſein Ränzel zu ſhnüren und in die Welt hinauszuwandern gedenke. Breughel hatte bi8her mit keiner Silbe des Verhältniſſes zwiſchen Daniel und Claire ev= wähnt, und er war zartfühlend genug, es auh beim Ab=ſchiede zu unterlaſſen; als er aber Seghers einige Gold= gulden zur Reiſe anbot, war er doh niht wenig über= raſt, als ihm dieſer mit wehmüthigem Kopfſchütteln ex= wiederte, daß er für ſeine Reiſe feiner Goldgulden bedürfe. Doch verlox Meiſter Breughel das beängſtigende Gefühl, das ſi ſeiner um Daniel bemächtigt hatte, als er ihn drüben in dex Frauenſtube bei der Frau Meiſterin, ihren Kindern und endlich bei Claire mit der ruhigſten Miene von der Welt Abſchied nehmen ſah.

Dex junge Künſtler wanderte traurig, aber gefaßt von dannen; nicht eine flüchtige Neigung, die man im Getriebe des Lebens bald vergißt, war ſeine Liebe zu Claire, ſon= dern es war eine gewaltige Leidenſchaft, die, unerfüllt bleibend, immer einen Bankerott des Herzens nah ſi ziehen muß. Er hatte auf die Reize der Welt verzichtet, weil ex ihnen do<h feine Theilnahme mehx entgegenbringen fonnte, fein Weg ging nah dem uralten Mecheln, um im dortigen Jeſuitenkloſter Aufnahme und Seelenruhe zu finden.

Bibliothek, Jahrg. 1886, Bd, LT. 13