Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.

7A Der Talisman des Weibes.

Dex Amtsrichtex, welcher den Neſt des Tages über mit Fieberanwandlungen kämpfte, rief gegen Abend die Stiſts= dame an ſein Beit, Sie hatte bereits Schre> und Ver= drießlichkeit über eine ſo unverhofft lange Wanderſchaft durch die Liebe zu dem Kranken ſiegreich überwunden. Deshalb ſagte ſie, ohne ſeine Bitte zu hören: „Wir reifen natürlih zuſammen. Margarethe wird an meiner Statt in's Stift zurü>kehxen. Jh habe bereits Alles mit ihr beſprochen.“

Als in dieſem Augenbli> das freundliche Antlih des jungen Mädchens in der LThürſpalte erſchien, um etwaige Aufträge in Empfang zu nehmen, winkte Meiſchi> fie gleichfalls an ſein Lager. Ein warmer Strahl dankbarer Zuneigung verſchönte dabei die fahle Bläſfe ſeiner Wangen, und der ſcharfe Zug um die Mundwinkel machte jenem ſeltenen, dafür deſto anziehenderen Lächeln Plaß, welches Tante Käthe ſtets mit Genugthuung erfüllte.

„Margarethe, waren Sie ſchon in Ftalien?“

„D nein! Das iſ au< nichts für mi<h!“ gab ſie einfach zurü>.

„Wirklich niht? Auch nicht, wenn ich Sie bitte, herz= lich bitte, unſere Dreieinigkeit niht aufzulöſen, ſondern Jhre Hilfeleiſtungen in der Ferne fortzuſeßen? J< kann diefelben nun einmal niht mehr entbehren, wie Sie ja längſt wiſſen !“

„Sh? Jh ſollte —“ Margarethens Freude über die ſezten Worte Meiſchi>'s, ſowie über die Ausſicht, ihm nahe zu bleiben, hatte ni<hts mit idealer Reiſeſehnſucht zu ſchaffen, Alle Schönheit der Welt war ihr gleichgiltig.

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