Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

106 Der Talisman des Weibes.

beweint, was ex ihr im ſeligen Stunden unauslöſ<li<h

tief _in’s Herz geflößt, ſo tief, daß ſie es nur mit ihrem Leben ausreißen konnte und daran verbluten mußte? Auch jeht weinte ſie ſeinetwegen.

Freiberg lächelte herbe, während ſeine Hände fich zornig ballten. „Gaëtannina weint und Frmengard jubelt im Kreiſe ihrer leichtfertigen Genoſſen! O gib mix einen Ausweg, Vorſehung!“ flüſterte ex, in die fahle Dämmerung hinausſtarrend, die ſein überwachtes Antliß geiſterbleich erſcheinen ließ. „Zeige ihn mir und ih gehe ihn! Abex mein Vater, mein armer, edler Vater! Warum, Schi>fal, feſſelſt Du mich durch dieſes lebte ehrwürdige Band an ein elendes, geſchändetes Daſein? Doch was kann auch den edelſten Vater ein pflichtvergeſſener Sohn ſein? Hat er nichts Beſſeres verdient, als zwiſchen Thorheit und Reue des einzigen Sohnes zu wählen, nichts Beſſeres, als zu vergeben oder zu enterben? Ja, wäre SJrma im Staube der Armuth zu mix gekommen, hilflos — Nein, es iſt niht wahr!“ rief er aus8brechend in Leidenſchaft. „Lüge niht, Du feiges Herz! Sie wäre Dir auch dann nicht mehr werth, als ſo! Gaëtannina iſt meines Lebens wiür= dige Genoſſin. Jhre Empfindungen und die meinen ſtim= men überein, wir ſind Kinder eines Geiſtes, einer Richz tung, eines Willens. Und läge Jrmengard in meinen Armen und hielte ich ſie umfangen mit der Gluth eines Gottes, ſie wäre mix fremd, die Lippen fänden ſi, die Herzen nie. O, warum mußte ih ſie wvieder finden und von Neuem zerſtören, was ih ihr nie exſeben fann! Haſſe mich, Jrmengard, ih bin mix ſelbſt haſſen8werth, weil