Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Roman von Georg Hartwig. 109

v. Exleben hat mir heute eine Einladung zu einer Soirée geſchi>t und bittet, fich die Antwort gegen zwei Uhr per= ſönlich holen zu dürfen. Jch habe ihm dies geſtattet und bin Willens, ihm den Triumph zu gönnen, mich bei ſich zu ſehen.“ Sie ſprah ho<hfahrend, dabei zu>kte es aber fortwährend nervös erregt um ihren ſ{hönen Mund.

Der Graf antwortete niht. Die leßten Worte hatte er gar niht gehört. Seine Bli>e hingen wie gebannt an den Jnſaſſen einer Equipage, welche langſam daher gefahren fam. Zwei Damen lehnten in den Kiſſen, die Jüngere von faſt durchſichtiger Bläſſe, wel<he von Sekundë zu Sekunde noh an Jntenſivität zuzunehmen ſchien. Als ſie dicht an einander vorüberfuhren , ſaugten ſi<h Freiberg's Blicke mit flehender Gewalt in die tiefſhwarzen Augen der Marcheſa. Ex ſah, wie ſie dieſelben mit ſprechender Mißachtung von ihm zu Jrmengard hinübergleiten ließ, und der junge Mann ſenkte beſ<hämt das Haupt.

Jrmengard’s impulſive Natux empfand dieſes ſtumme Bekenntniß wie eine unſühnbare Beleidigung. Ein ſtechen= der Schmerz durchzu>te ſie, die Röthe der Wangen ver= bli jäh, ſie wollte ſprechen, aber ein unſägli<h drü>en= des Gefühl im Halſe und das Vibriren der Lippen exz ſtiten jedes Wort. Nur das Eine wiederholte ſie in Gedanken fort und fort, immer ſchneller, immer fieber= hafter: „Ex hat ſi< ſoeben Deiner geſchämt !“

Als der Wagen vor ihrem Hauſe hielt, ſprang ſie ſchnell zur Erde und eilte die Treppen hinauf.

Freiberg folgte ihr. Er wußte, was er ihx angethan: Sie konnte nicht verzeihen. So wollte ex nur ein lebte