Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

106 Dex -Talisman des Weibes:

Menſch iſt den Verhältniſſen unterthan, Du haſt es ja au ſ<mexrzli<hſt erfahren. Wenn ih mich alſo der theuren Pflicht entreiße, Deinen Sohn zu einem tüchtigen, brauch= baren Manne zu erziehen, ſo mußt Du ſchweigend einz ſehen, daß ih niht anders handeln fann !“

„Darf ih wiſſen —?“ fragte er ziemli<h ſ{hroff, weil er ſich verlebt fühlte.

„Warum nicht? Später, wenn Alles ſo geordnet iſt, wie ih es wünſche, ſollſt Du den Beweggrund ausfühv= li hören. Vorläufig liegt mein zukünftiges Leben verſchleiert ſelbſt vor Deinem Blik. Es iſt wirklich beſſer, Hans, wenn ih Dich jeht verlaſſe.“

„So geh"! Begreifen kann ih Dich nicht, ebenſo wenig halten.“

„Du ſollſt darunter nicht leiden, Hans,“ fuhr ſie bez ſchwiehtigend fort, „eine Dame meiner Bekanntſchaft, eine gute, würdige Frau, wird Deinem Haushalt nach beſten Kräften vorſtehen und unſeren Liebling pflegen, wie ich es gern gethan; in wenigen Tagen kann ſie hier angelangt ſein, dann bin ih von ſelbſt überflüſſig geworden.“

Ex trat dicht an ihre Seite und ſah ſie kopfſhüttelnd an. „Tante Käthe, Tante Käthe, Du könnteſt uns wirk= lich falten Herzens verlaſſen wollen? Was würde Mar= garethe dazu ſagen ?“

Sehr ernſt und feierlih erwiederte die Stift8dame hierauf : „Wenn ſie uns no< ſehen kann, wird ſie mein Vorhaben ſegnen !“

„Nun denn, ſo mag es ſein! Scheiden wir alſo in Frieden!“