Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

56 Dex Talisman des Weibes.

als die Königin des Feſtes zu fühlen bere<htigt war. Jn der Hand trug ex einen wundervollen Strauß kaum ex= blühter Roſen, in deſſen Mittelblume, herwvorleutend aus ſüß duftendem Kelch, ein herrlicher Solitär als Thau? tropfen ruhte.

Wie ſie ihm jeßt gegenübertrat, die ſ{höne Geſtalt in rothen Goldbrokat gehüllt, aus deſſen feuriger Faſſung Hals und Arme in blendender Weiße hervorſ<himmerten, die ſ{<hlanke Taille durch den ſhwer herabwallenden Stoff “ veizend gehoben, die ſ{öne Hand ausgeſtre>t, ſeine ſinnige Gabe zu empfangen, geſtand Herr v. Cxleben ſih ein, niemals zuvor ein ſo vollkommen ſ{<önes und liebliches Weib exbliclt zu haben.

„J< komme früher, als Sie glaubten,“ ſagte die junge Frau lächelnd, „geſtehen Sie es nux. So mache ih meiner Collegin am Flügel die Sache doh etwas bequemer.“ Dabei gewahrte ſie erſt deu koſtbaren Edelſtein und {hüt telte mißbilligend das Haupt. „Das iſt wider die Abrede, Herr v. Exleben !“

Dex Präſident führte vielſagend ihre freie Linke an die Lippen. „Wenn man ſoeben wohlthätig geweſen iſt gegen Unbekannte, ſollte man gegen ſeine Freunde wenig= ſtens nicht hartlherzig ſein. Jene Roſen werden welken und könnten die Erinnerung an dieſe Stunden mit ſich nehmen, dex Stein abex iſt unvergänglich wie meine daukz bare Crgebenheit. So oft Sie ihn berühren, wird ein freundlicher Gedanke zu mix hinüberſchweben, und deshalb dürfen Sie ihn nicht zurü>weiſen.“

Sie ſah unſchlüſſig vor ſich nieder, dann blickte ſie ihm

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