Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Novelle von A. Kiſtner. 177

dort getroffen. Aus ſeinem Munde hörten beide Frauen noh einmal die Einzelheiten von Armfeld’s muthigex That, von der dieſer ſelbſt niht zu ſprechen liebte.

Ex meinte, wenn man etivas Gutes thue, müſſe man niht viele Worte darum machen, ſonſt verliere es ſeinen Werth. Dabei nahm ex Helenens Hand und drückte einen Kuß darauf. Sie erröthete und wandte ſih ab. Ev ſeufzte nur.

Im Anfange fam Armfeld alle Tage in Helenens Haus. Sie freute ſi< darauf, ſobald ſie Morgens die Augen öffnete, ſie zählte jede Stunde, bis ſein Tritt ex= ſchallte. Und dann dachte ſie: „O Gott, ex darf ja nicht ſehen, wie ſehr i<h ihn liebe. Mein Kuß zum Abſchiede hat ihm Alles verxathen. Ex fühlt nux Dankbarkeit für mic, ſo große Dankbarkeit, daß er ſich entſchließen könnte nein, nein! An mix iſt es, dieſen unglü>ſeligen Kuß aus feinem Gedächtniß zu verwiſchen!“

Oft wollte Armſeld zu thr ſprechen, ein paarmal faßte er ihre Hand und ſah ihr warm in die Augen, und im= mex wieder wandte ſie ſi<h ab, immex wieder wollte ſie ſich niht rühmen laſſen.

Ganz geſchäft?mäßig beſprachen nun Beide die Geld= angelegenheit, Armfeld wax jet im Stande, ſeine Schuld zu tilgen. Als man Alles arrangixt hatte, wollte ex ihe wiederum dauken, herzlich, innig. Bei den erſten Worten erhob ſi<h Helene.

„Wir ſind nun quitt,“ ſagte ſie einfah und reichte ihm die Hand.

Bibliothek. Jahrg. 1886. Bd. VI. 12