Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Lamas: Allgemeines, 115)

Pacos und glauben vornehmlich darin eine Unterſtüßung ihrer Meinung zu finden, daß Lama und Guanaco ſi fruchtbar miteinander vermiſchen und fruchtbare Blendlinge erzeugen; die anderen erachten die geringen Unterſchiede in der Geſtalt für wichtig genug, um die vier Lamas, wie die Eingeborenen es immer gethan haben, als beſondere Arten anzuſehen. Tſchudi, ein Forſcher, welcher alle Lamas in ihrer Heimat beobachten konnte, ſ{hließt ſih der Anſicht der Eingeborenen an, und ſein Ausſpruh hat lange für maßgebend gegolten. Bedenken wir jedo<, wie groß und in wie hohem Grade umgeſtaltend der Einfluß der Zähmung auf Tierformen iſt, ſo werden wir auch die entgegengeſeßte Anſchauung für berechtigt erflären müſſen und in dem Lama und dem Paco kaum etwas anderes als gezähmte Nachtommen des Guanacos erkennen dürfen.

Guanaco und Vicuña leben no< heutigestags wild; Lama und Paco ſind ſchon ſeit undenflichen Zeiten zu Haus8tieren geworden. Bereits die erſten Entde>er Amerikas fanden beide im gezähmten Zuſtande vor; die Überlieferung der Peruaner verlegt die Zähmung der Tiere in das früheſte Zeitalter menſhlihen Daſeins und bringt ſie mit der irdiſchen Erſcheinung ihrer Halbgötter in Verbindung. Abergläubiſche Anſchauungen herrſchten unter jenen Völkerſchaften hinſihtlih der Verwendung des Lamas beim Opferdienſte; namentlich die Färbung der zum Weihopfer der Götter beſtimmten Tiere war, je nah den verſchiedenen Feſten, genau vorgeſchrieben. Die zuerſt landenden Spanier fanden überall bedeutende Lamaherden im Beſiße der Gebirgsbewohner und beſchrieben die Tiere, wenn auch etwas unklar, doc ſo ausführli<h, daß man ſelbſt die einzelnen Formen ohne Mühe erkennen kann.

Schon Xerez, welcher die Eroberung Perus dur Pizarro ſchildert, erwähnt des Lamas als eines Laſttieres. „Sechs Leguas von Caxamalca“/, ſagt er, „wohnten an einem mit Bäumen umwachſenen See indianiſche Hirten mit Schafen von verſchiedener Art, mit kleinen, wie die unſerigen, und mit ſo großen, daß ſie dieſelben als Laſttiere zum Tragen ihrer Bedürfniſſe brauchten.“ Pedro de Cieza unterſcheidet die vier Arten ſchon im Jahre 1541 ſehr genau. „Es gibt keinen Teil der Welt“, bemerkt er, „wo man ſo ſonderbare Schafe findet wie in Peru, Chile und einigen Provinzen von La Plata. Sie gehören zu den vortrefflichſten und nügßlichſten Tieren, welche Gott erſchaffen hat, gleihſam aus beſonderer Sorge für die daſelbſt wohnenden Leute, welche ohne dieſes Vieh nicht im ſtande wären, ihr Leben zu friſten. Jn den Thälern der Ebene ſäen die Eingeborenen Baumwolle und fertigen ſi< daraus ihre Kleider; im Hochgebirge und in vielen anderen Gegenden wächſt weder ein Baum, no< Baumwolle, ſo daß die Einwohner nichts haben würden, um ſich zu fleiden. Daher gab ihnen Gott eine ſol<he Menge von dieſem Vieh; aber die wütenden Kriege der Spanier haben es bereits ſchr vermindert. Die Eingeborenen nennen die Schafe Lamas, die Widder Urcos. Sie gleichen in der Größe einem kleinen Eſel mit breiten Hüften und di>em Bauche; am Halſe und in der Geſtalt ähneln ſie dem Kamele, im Ausſehen den Schafen. Die Tiere leben von den Kräutern der Felder. Sie ſind ſehr zahm und gar niht widerſpenſtig; nur wenn ſie Schmerzen haben, werfen ſie ſich nieder und ächzen wie die Kamele. Die Widder nehmen leiht 2—3 Arrobas auf den Nücken, und das Fleiſch, welches ſehr gut iſt, verliert nichts von ſeiner Güte dur das Laſttragen. Es gibt einen anderen Verwandten von dieſen Tieren, welchen ſie Guanaco nennen. Ex hat dieſelbe Geſtalt, iſt aber größer. Davon laufen ſtarke Herden wild in den Feldern herum und ſpringen mit ſolcher Leichtigkeit, daß der Hund ſie kaum einholt. Außerdem findet man noh eine andere Sorte dieſer Schafe, welche Vicuñas heißen. Sie ſind no< hurtiger als die Guanacos und gehen in den Wüſten umher, um die Kräuter zu freſſen, welche ihnen Gott hat wachſen laſſen. Fhre Wolle iſt vortrefflich und ſo gut, ja noch feiner als die der Merinoſchafe. J< weiß niht, ob man Tuch aus ihr weben könnte; aber dasjenige Zeug, 1welhes für die Vornehmen dieſes Landes gewebt wird, iſt zum Verwundern ſ{<ön. Das Fleiſch