Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

730 Erſte Ordnung: Baumvögel; dreiunddreißigſte Familie: Segler.

So ſind dieſe verſchiedenen Tiere doh nicht gleichzeitig bei einander und ſtören einander nicht. Die eine Hälfte fliegt jederzeit aus, wenn die andere einfliegt, und kehrt zurü>, wenn ſie von der anderen Schar verlaſſen wird. Nur wenige Neſterſammler haben erkannt, daß die Salanganen wie ihre Verwandten auh von kleinen Kerbtieren, insbeſondere von Mücken leben; die meiſten nehmen im Gegenteile verſchiedene Seetiere und deren Teile als die Beute an, der die Salanganen nachſtreben, glauben daher auch, daß die im Fnneren der Fnſel brütenden Vögel tagtäglich mindeſtens zweimal je 70 km zurü>legen müßten, um von ihrer Bruthöhle zum Meere und wieder zum Neſte zu gelangen. Funghuhn ſcheint die Anſicht der Eingeborenen zu der ſeinigen zu machen, gibt wenigſtens ihre Auslaſſung ohne alle Nebenbemerkung wieder, obgleih er von ihrer teilweiſen Unrichtigkeit von vornherein überzeugt ſein konnte. Fn den Bandongſchen Höhlen brüten die Vögel nach Verſiherung der Pflücker viermal im Laufe des Jahres, und während der Brutdauer bleibt ſtets die Hälfte von ihnen in der Höhle. Männchen und Weibchen ſollen ſi<h im Brüten ſehsſtündlih ablöſen und alle Paare bis auf einen Unterſchied von 10 Tagen zu gleicher Zeit ihrem Brutgeſchäſte obliegen. Niemals machen die Salanganen von einem Neſte zweimal Gebrauch, bauen vielmehr bei jedesmaligem Eierlegen ein neues Neſt, obgleich ſie an ihm einen ganzen Monat lang arbeiten müſſen. Das alte Neſt wird ſtinkend und fällt ab.

Man erntet drei- oder viermal im Jahre, in den Bandongſchen Höhlen das erſte Mal im April oder Mai, das zweite Mal im Juli oder Auguſt, das dritte Mal im November oder Dezember. Beim Beginne des Einſammelns der Neſter ſind die Jungen erſt aus der Hälfte der Neſter ausgeflogen. Jn der anderen Hälfte findet man teils no< unflügge Junge, teils Eier. Erſtere werden gegeſſen, leßtere weggeworfen; die Hälfte der jungen Brut geht alſo bei jeder Ernte verloren. Gleichwohl vermindert ſih die Anzahl der Salanganen nicht, ebenſowenig wie ſie ſi<h da vermehrt, wo man im Jahre nur dreimal erntet und eine Brut ausfliegen läßt. Jn den Bandongſchen Höhlen gilt die erſte Ernte als die ſ{hle<hteſte, die zweite als die beſte, die dritte als eine ziemlih gute. Die Ernte beginnt, wenn die Mehrzahl der Neſter Funge zeigt, die bereits mit Stoppeln verſehen ſind. Bis zu dieſer Zeit, die man die der Reife nennt, begeben ſi<h einige Pflücder jeden Tag in die Höhle, um nachzuſehen, in welhem Zuſtande die Neſter mit ihrem Fnhalte ſih befinden. Diejenigen Neſter, in welchen Junge mit keimenden Federn liegen, ſind die beſten und bilden Ware erſter, die Neſter mit no< ganz na>ten Jungen ſolche zweiter und die Neſter mit Eiern endlih ſolche dritter Güte. Neſter mit flüggen Jungen ſind ſhwarz und unbrauchbar.

Die ſehs Bandongſchen Höhlen liefern jährlih im Durchſchnitte 13,520 oder jedesmal 3380 Neſter, werden alſo mindeſtens von 6760 Vögeln bewohnt. Die Anzahl der Neſter, die man zu Karang-Bolong erntet, beläuft ſi<h auf 500,000, und wenn man dieſe auf drei Ernten verteilt, ſo ergibt ſich, daß mehr als 33,000 Salanganen in der Höhle von KarangBolong wohnen müſſen. 100 Neſter liefern dur<ſchnittli< einen Katti, und 100 Kattis bilden einen Pikul. Solcher Pikuls ſoll man jährlih 49—50 ernten. Die Chineſen bezahlen für den Pikul Neſter 4—5000 Gulden oder einen Gulden für 2—2,5 Neſter, ſo daß die jährlichen Einkünfte, abgerehnet 10,000 Gulden Unkoſten, ungefähr 24,000 Gulden betragen. Dieſe Angaben wurden von JFunghuhn im Fahre 1847 aus den Mitteilungen verſchiedener Pflücker, insbeſondere aber aus den Berichten des Aufſehers der Vogelneſthöhlen ¡n Karang-Bolong geſchöpft. Hier bilden die Neſterpflü>ker gleichſam eine beſondere Kaſte, deren Geſchäft vom Vater auf den Sohn erbt.

Alle übrigen mir bekannten Berichte neuerer Beobachter geben ebenſowenig wie die Junghuhns ein klares Lebensbild der Salanganen. „Fm Fahre 1846, Ende Dezember“, erzählt Jerdon, „beſuchte ih eine der Höhlen am Ende der Taubeninſel bei Honore und erfuhr dur einen Eingeborenen, der uns zu der Höhle geführt hatte, daß die jezt niht