Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

158 Erſte Drdnung: Stachelfloſſer; einundvierzigſte Familie: Ährenfiſche.

Mit dem kühn gewählten Namen Ährenſiſche (Atherinidae)/ von denen man etwa 40 Arten kennt, bezeihnet man leine, geſtre> gebaute, rundlihe, mit mäßig großen Schuppen bekleidete, ſeitlih regelmäßig mit einem Silberſtreifen geſ<hmüdte Fiſche, deren eben erwähnte augenfälligſte Zierde man mit einer Kornähre verglichen hat. Anderweitige Merkmale liegen im mäßig weiten Maule, dem aus ſ{<hwachen Zähnen beſtehenden Gebiſſe, dem ſeitlih geſtellten, wohlentwi>elten Auge, der weiten Kiemenöffnung, worin man 5 oder 6 Strahlen zählt, 2 Nüenfloſſen, die dur<h ſhwache Strahlen geſtüßt werden, den zwiſhen 1 Stachel und 5 Strahlen ausgebreiteten Bauchfloſſen und den ungemein zahlreichen Wirbeln.

Jn der erſten Gattung, den Ährenfiſchen im engeren Sinne (A therina)/ vereinigt man die Arten mit ganzrandigen Schuppen, mit vollſtändig von der zweiten getrennten erſten Nückenfloſſe, abgeſtumpſter Schnauze, bis zum vorderen Augenrande geſpaltenem Maule und ſ{<wa<hzahnigem Gebiſſe, das in Geſtalt einer Binde die Kiefer, in Geſtalt einer queren Bogenbinde das Pflugſcharbein bewehrt, wogegen am Gaumen, wenn überhaupt, nur wenige Zähne ſtehen.

Der ſchon den Alten unter dem Namen Atherina bekannte Ährenfiſ<h (Atherina hepsetus, minuta und marmorata) erreiht niht über 15 em an Länge, iſt eigentümli<h durdſcheinend, oberſeits hell gelblihbraun, ſ<hwarz getüpfelt, unterſeits weißrötlih, {<hwa< ſilberglänzend, der ſ{himmernde Silberſtreifen, der die fünfte Shuppenreihe gänzlih und die Hälfte der vierten und ſe<ſten Neihe einnimmt, oberſeits blau geſäumt. 8—9 Strahlen ſpannen die in der Mitte des Leibes ſtehende erſte, 12—13 die der Aſterfloſſe gegenüber ſih erhebende Nücen-, 16 die Bruſt-, 11 die After-, 17 die Shwanzfloſſe.

Die Lebensweiſe ſämtlicher Ährenfiſche ſtimmt in allen Hauptzügen ſo vollſtändig überein, daß eine Schilderung der Lebensgeſchihte des Ährenfiſches auh eine ſolche der ganzen Familie iſt und umgekehrt das von allen Arten Bekannte auf eine bezogen werden kann. Alle genauer dur<hforſhten Meere beherbergen dieſe Fiſche, das Atlantiſche, Mittelländiſhe, Schwarze und Kaſpiſhe Meer die beſchriebene Art in unſhäßbarer Menge; an allen Küſten, in allèn Buchten, Häfen und Meerſümpfen treten ſie in zahlloſen Scharen auf. Niemals ſieht man ſie einzeln, vielmehr ſtets in dihten Shwärmen, die weite Stre>en buc<hſtäblih erfüllen. Milliarden von ihnen werden Menſchen, Möwen und anderen Seefliegern, Enten, Tauchern und Raubfiſchen zur Beute. Sie treten ſo häufig auf, daß die Alten glaubten, ſie entſtünden ohne Zeugung, daß man ſie den Schweinen füttert oder ihre vor kurzem den Eiern entſhlüpften Jungen, die ebenfalls bereits {hwärmen, einfa aus dem Waſſer ſ{höpft und zu einem beſonderen, in den Mittelmeerländern äußerſt beliebten Gerichte zubereitet. Erwachſen dienen ſie als die am leichteſten zu beſchaffenden Köder zum Fange anderer Fiſche, niht minder aber auh, geſotten oder eingeſalzen und in Büchſen eingelegt, zur Nahrung der Küſtenbewohner; denn man betrachtet ſie als vortreſſlihe Speiſe. „Sie ſollen“, ſagt unſer alter Freund Gesner, „ein gut und tro>en Fleiſh haben, geſund und lieblih zu eſſen, allein es ſte>et voll kliner Gräden, derohalben ſie gemeinigli< geba>en werden. — Etliche loben dieſe fiſhlein, daß ſie gut vor die Kranken ſeyen, als die leihtlih verdäut werden, und keine Winde gebären.“ Nur die arabiſchen Fiſcher des Noten Meeres verachten ſie gänzlich.

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