Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, page 391

Renken: Wanderungen. Fangweiſen. 351

mit allerlei Waren, für welhe auh unter Oſtjaken und Samojeden auf Abſagz zu hoffen iſt. Einige Nuderer, dieſelben Leute, die ſpäter beim Fiſchfange thätig ſein ſollen und daher für den ganzen Sommer gemietet werden, erhalten die Barſcha in der Strömung und laſſen ſie von dieſer an die betreffende Fiſchereiſtelle treiben. Hier angelangt, legt man das ungeſchlahte Fahrzeug vor Anker und beginnt zunächſt mit der Herrichtung oder dem Aufbaue der erforderlihen Wohnungen und Fiſhſhuppen. Weder die einen noch die anderen ſind in allen Fällen Blockhäuſer und genügen eben, um Schuß vor Wind und Wetter zu bieten, gewähren aber niemals Bequemlichkeiten irgend welcher Art. Wenn das Wohngebäude mit Glasfenſtern verſehen, vielleicht ſogar mit einem Ofen ausgerüſtet wurde, gehört es ſchon zu den beſſeren, auf Wohlſtand des Beſitzers deutenden Behauſungen dieſer Art; in vielen Fällen iſt es nihts weiter als ein leerer, mit rohen Wänden umfriedigter, mit dürftigem Dache bede>ter Raum, niht minder häufig überhaupt nur ein Schuppen, deſſen Wände aus Weidenflehtwerk beſtehen, und deſſen Dach aus Bixkenrindentafeln hergeſtellt wurde; oft dient auch einzig und allein die Barſcha zur Unterkunft des Unternehmers. Die von ihm gemieteten ruſſiſchen Fiſcher ſchlafen in einer ba>ofenartigen und jo niedrigen Hütte, daß ſie, auf dem mit Weidenreiſig und Rosmarinheide überde>ten Boden ſizend, die De>e des Raumes mit dem Haupte faſt berühren und ſi nur kriehend bewegen können. Fm günſtigſten Falle vollenden ein huppenähnlicher Stall für eine Kuh und ein ſolcher für mehrere Legehühner die Baulichkeiten des Unternehmers. Solche Ge: nügſamkeit erklärt ſih durch die Notwendigkeit, möglichſt nahe an dem ſogenannten „Sande“, d. h. einer flachen, ſandigen, weder dur< Nebenarme oder Tümpel unterbrochenen, noh mit Felsblö>en, großen Steinen oder Treibholz behafteten Uferſtelle, zu wohnen, da der Sand der einzige Grund iſt, der von den Ruſſen abgefiſcht wird. Derartige Stellen aber befinden ſi zumeiſt im Beſiße der Eingeborenen, deren Gerehtſame man niht {<hmälern darf, und werden dur den Strom nicht wenig beeinflußt, ebenſo verändert oder vernichtet wie neu geſchaffen, liegen auh nicht ſelten an Fnſeln, die das Hohwaſſer überſ<wemmt, und es erſcheint daher nur unter außergewöhnlichen Umſtänden ratſam, feſte, dauerhafte Gebäude aufzuführen.

Je nah den obwaltenden Verhältniſſen einigt man ſi< in verſchiedener Weiſe mit den Beſißern des Sandes. Bringt der Unternehmer ſeine eignen Leute mit, ſo zahlt er dem eingeborenen Grundbeſißer niht allein eine gewiſſe Geldſumme, ſondern liefert ihm ebenſo unentgeltli<h Fiſche und vielleicht ſogar Brot, ſoviel er von beiden zum Unterhalte ſeiner Familie bedarf, hält ſi< jedo<h meiſt dadur<h ſchadlos, daß er dem Manne au< Branntwein und andere ihm erwünſchte Waaren und Gegenſtände zu Preiſen liefert, daß der dabei erzielte Gewinn alle jenem gewährten Leiſtungen vollſtändig aufwiegt. Noch günſtiger geſtaltet ſih das Verhältnis zwiſhen beiden, wenn der ruſſiſche Fiſcher mit den Eingeborenen zur Hälfte arbeitet. Jn dieſem Falle zahlt er jeder Fiſchgeſellſchaft, die ein Ney handhabt, eine beſtimmte Bauſchſumme für ihre Sommerarbeit, liefert außerdem ein Zugnebß von 150 Faden und erhält dafür die Hälfte aller Fiſche, die gefangen werden, nimmt jedo<h nur ſolche an, deren Länge mindeſtens 25 cm beträgt. Die eingeborenen Fiſcher erſcheinen, falls ſie niht in der Nähe eines wenig veränderlichen Sandes in Blo>häuſern wohnen, ſtets mit ihrer ganzen Familie und ſ<hlagen ihre Virkenrindenhütten, „LÆſchum“ genannt, in einiger Entfernung von der Behauſung der Nuſſen auf.

Sobald der durch die Schneeſchmelze gehobene Strom ſo weit gefallen iſt, daß man mit dem Zugnete fiſchen kann, beginnt der Fang. Während des Sommers fiſchen die Ruſſen am unteren Ob überall und immer in derſelben Weiſe. Das Zugneßz, das man dem betreffenden Sande nah Möglichkeit anzupaſſen ſucht, iſt dur<ſ<nittli<h etwa 160 m lang, hat eine Maſchenweite von 5—7 em und wird entweder dur längliche Brettchen oder