Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, page 761
Gemeine Walzenſpinne. 681
Eidechſe ſprang ſie auf den Nüen, hieb ihre Zangen in den Na>en ein und fraß, nur die wenigen Knochen zurü>laſſend, den Leib auf. Eine noch blinde, ſehr junge Moſchusratte wurde von ihr getötet und in kurzer Zeit vollſtändig vertilgt. Weiter ließ man ſie gegen eine 105—131 mm ſpannende Fledermaus los, und obgleich ſi dieſe ſehr lebhaft bewegte, ſo ſprang die Solpuga auf ſie und biß ſi ſo feſt in den Hals ein, daß ſie troß allen Flatterns der Fledermaus nicht abgeſchüttelt werden konnte. Einen 105 mm langen Skorpion faßte ſie an der Wurzel des Schwanzes, biß dieſen ab und verzehrte beide Teile, doh war dieſer Sieg nur ein zufälliger; denn einen zweiten Skorpion, mit dem man ſie ſpäter zuſammenbrachte, griff ſie von vorn an, wurde aber von deſſen Scheren erfaßt, mit dem Giftſtahel verwundet, und nun war es um ſie geſchehen: ſie zu>te ein paarmal krampfhaft zuſammen und war ein Kind des Todes. Auch Kapitän Hutton teilt über eine indiſche Art, für die er den Namen Galeodes vorax vorſhlägt, möglichenfalls dieſelbe, welche Herbſt G. fatalis nennt, intereſſante Beobahtungen mit, die hinſichtlih der Kühnheit und Gefräßigkeit das eben Mitgeteilte nur beſtätigen. Die gewöhnliche Nahrung beſteht aus Jnſekten aller Art, welche niht nur ausgeſogen, ſondern vollſtändig zerkaut werden. Au einander verſchonen die Walzenſpinnen nicht, kämpfen auf Leben und Tod, wobei der Sieger die Beſiegte auffrißt. Dagegen hütet nah Spinnengewohnheit die Mutter ihre Jungen mit der größten Sorgfalt. Hutton hielt ein Weibchen gefangen, welches ſi ſofort einen Gang in die Erde grub und über 50 weiße Eier legte, die es regungslos. bewachte. Nach 14 Tagen kamen die Jungen daraus hervor, welche 3 Wochen hindur<h bis zur erſten Häutung ohne Bewegung blieben, dann umherliefen, zuſehends wu<hſen, ohne daß bemerkt werden konnte, wovon ſie ſi ernährten.
Neben Galeodes araneoides fommt eine zweite Art, G. graeca, in Europa vor, und eine dieſer beiden Arten dürfte es auc ſein, auf welche ſich einige dürftige Mitteilungen des Aelian und Plinius beziehen, wenn erſterer ſagt: „Naturforſcher behaupten, daß auf Zatynthos die von Phalangien Gebiſſenen am ganzen Leibe erſtarren, zittern, ſhaudern, daß ſie Erbrechen und zugleih Schmerz in den Ohren und Fußſohlen bekommen. Noch wunderbarer iſt der Umſtand, daß diejenigen, welhe in Waſſer treten, mit welchem ſi die Gebiſſenen gewaſchen, dieſelben Zufälle erleiden.“ An einer anderen Stelle berichtet derſelbe Schriftſteller, daß in Jndien ein Land am Fluſſe Aſtabas liege, welches die Einöde heiße und menſchenleer ſei. Jm heißen Sommer verfinſtern dort Mücken die Luft und zahlloſe Skorpione und Phalangien hauſen daſelbſt. Anfangs ſollen dort Menſchen gewohnt und eine Zeitlang das Übel ertragen haben. Als es aber immer ſ{<limmer wurde und ganze Familien ausſtarben, verließen ſie ihr ſhönes Vaterland. Plinius berichtet von den Phalangien, daß die Weibchen in ihrer Höhle eine große Eierzahl bebrüteten, in Ztalien ſeien ſie unbekannt. Habe ſi jemand dur einen Stich vergiftet, ſo heile man ihn, indem man ihm ein anderes Tier derſelben Art zeigt. Zu dieſem Zwecke bewahrt man tote auf; auc zerreibt man die Haut, welche ſie beim Häuten abſtreifen, und trinkt ſie als Heilmittel oder wendet junge Wieſel an. Aus dieſen und ähnlichen Berichten geht zur Genüge die Furcht hervor welche man von alters her gegen derartige Spinnentiere hatte.
Simon hat ungefähr 60 Arten auf 10 Gattungen verteilt und dabei namentlich die Bildung und Bewehrung der Beine und der Scheren als unterſcheidende Merkmale benutt. Hiernach iſt der ältere Gattungsname Galeodes nur denjenigen Arten verblieben, welche beborſtete Krallen an den Beinen und gezähnelte Kämme an den Luftlöchern des Hinterleibes haben. Neuerdings ſind jene Gattungsnamen dur< Karſch teilweiſe verändert und auh vermehrt worden.