Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

146 Würmer. Fünfte Klaſſe: Rundwürmev.

geſtattet ihm, ſi< längere Zeit horizontal ausgeſtre>t zu halten, nur vermittelſt des hinteren Saugnapfes angeheftet. Am liebſten aber läßt er ſih hängen, das Kopfende nah Art der Murnieltiere eingebogen. Möglicherweiſe thun wir dem Rochenegel Unret, ihn der Trägheit zu bezichtigen. Auch die Nochen liegen bei Tage faſt regungslos, während ſie in der Dämmerung munter und beweglih werden. Alſo teilt wahrſcheinlich ihr Wohngaſt dieſe Manieren mit ihnen.

JFünſlte Klaſſe. Die Rundwürmer (Nemathelminth es).

Der vornehmlichſte Zwe> dieſes Werkes, das „Leben“ der Tiere zu ſchildern, iſt bei den höheren Klaſſen mehr oder weniger zu erreichen, ohne daß die infolge der äußeren Lebensverhältniſſe we<ſelnden Veränderungen der inneren Drganiſation berü>kſihtigt zu werden brauchten. Gleihwohl iſ bei allen <harafteriſtiſhen Gruppen, ſelbſt der Säugetiere, dasjenige Maß anatomiſcher Einzelheiten vorgeführt worden, welches eine Folie für die Lebensäußerungen abgeben konnte. Selbſtverſtändlih mußten Zähne, Bekleidung, Gehwerkzeuge, kurz alle jene unmittelbar in die Augen fallenden Eigentümlichkeiten ganz genau

beſchrieben werden, nah welchen au< das Auge des naturwiſſenſchaftlichen Laien unwill-

fürlih ſeine Unterſcheidungen und Vergleiche macht.

Ze tiefer wir in die niedere Tierwelt hinabſteigen, deſto mehr hört jener niht ungerechtfertigte Unterſchied zwiſchen äußeren und inneren Kennzeichen, inſofern ſie für die Schilderung des „Lebens“ notwendig ſind, auf. Wo vorwaltend das Mikroſkop zur wiſſenſchaftlichen Feſtſtellung hat angewendet werden müſſen, kann man faſt behaupten, daß „Feine Kleider, keine Falten“ den Leib umgeben. Wenigſtens reichen ſie in feiner Weiſe aus für das Signalement. Wir werden bei der nunmehr zu behandelnden Klaſſe zu dieſer Notwendigkeit, das Jnnere aufzuſchließen, um den äußeren Wechſel zu verſtehen, mehr no< als bisher gedrängt ſein. Wir werden die verſchlungenen und oft nicht ſehr äſtheti]<en Pfade der Entwikelungsgeſchihte wandeln müſſen, da das „Leben“ ſehr vieler Rundwürmer in der allmählichen körperlichen Vervollkommnung beſteht, welche mit dem Wechſel des Aufenthaltsortes verknüpft iſt. Wir werden fie aus dem Fleiſche eines Weſens, ihres Wirtes, in den Darm eines anderen, ſelbt des Menſchen, aus dem Waſſer in den Leib eines Tieres, aus dem feu<hten Boden in eine Froſchlunge, aus der Leibeshöhle einer Raupe oder Heuſchre>e in die Erde zu verfolgen haben. Fſt die natürliche Scheu vor dieſen natürlichen Dingen aber einmal überwunden, ſo ſind gerade dieſe Verwandlungen und Wanderungen der Eingeweidewürmer in hohem Grade feſſelnd und lehrreih. Auch zeigt es ſi, wie die Wiſſenſchaft im ſtande geweſen, durh mühſame Experimente und zeitraubende Nachforſchungen faſt alle jene Paraſiten des menſchlihen Leibes zu entlarven und ihr Herkommen aufzuklären, von denen einige zu unſeren lebensgefährli<ſten Feinden gehören. Jn der Schilderung dieſer und der verwandten Würmer haben wir Uns vorzugsweiſe an das ausgezeihnete Werk von Nudolf Leu>art: „Die Paraſiten des Menſchen“, ſowie an die Monographien von Schneider, Bütſhli und anderen anzuſchließen. Das Gebiet iſt von ihnen in einer Weiſe nach allen Richtungen ausgebaut, daß, um mich klaſſiſcher Morte zu bedienen, „mir zu thun faſt nichts mehr übrigbleibt“, als ſie wörtlich zu citieren oder ihre Darſtellungen zu umſchreiben.