Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

148 Würmer. Fünfte Klaſſe: Nundwürmer; erſte Ordnung: Krater.

und einrollenden Embryos eine völlig durchſichtige, zarte Haut aus, eigentlich das erſte bleibende Organ. Bald bemerkt man in dem abgeſtußten Vorderrande eine Vertiefung, welche zur Mundöffnung wird, und in dem zum Auskriechen reifen Würmchen iſt außer der Haut und dem durchſichtigen Hautmuskelſchlauche nichts weiter fertig als der Darmfanal. Ex beginnt mit der von drei lippenartigen Vorſprüngen umgebenen Mundöffnung, auf dieſe folgt ein gerader, geſtreifter Schlund, dann der durch ſeine körnigen Wandungen hervortretende Magendarm, der mit einem furzen Endrohx vor der Schwanzſpiße an der Bauchſeite mündet.

Jn dieſem Zuſtande werden die meiſten Fadenwürmer geboren, und wir haben nun ihre weitere Ausbildung, welche ſie teils an einem und demſelben Aufenthalte, meiſt jedo< unter mehrfahem Wechſel der äußeren Verhältniſſe dur<hmachen, in ihrer Allgemeinheit ins Auge zu faſſen. Die Veränderungen, welche der Darmkanal erleidet, beziehen ſi<h vorzüglih auf die Umgebungen des Mundes und den Schlund; allerlei Lippen, Zähnchen, Leiſten, lropfartige Anſchwellungen der Schlundröhre können ſich bilden und geben harakteriſtiſhe Merkmale für die einzelnen Familien. Nie entwid>elt ſi<h ein Gefäßſyſtem, das farbloſe Blut iſt frei in der Leibeshöhle. Ein für die ganze Abteilung ſehr wichtiges Organ iſt aber in den ſogenannten Seitenlinien enthalten, ein Paar Stränge von Zellen, die wenigſtens in der Nähe des Vorderendes unter Bildung von zwei Kanälen ſich fortſeßen und unter dem Schlunde eine gemeinſame Mündung haben. Es iſt ein Abſonderungsorgan, etwa der Niere zu vergleichen. Die Geſchlechter ſind meiſt an äußeren Zeichen kennt: lich. Die Männchen ſind gewöhnlich kleiner, haben auch verſchiedene Anhangsorgane am Hinterleibe. Die meiſten Nematoden legen Eier. Bei nicht wenigen geht aber no< in den Eileitern die Entwickelung der Embryonen ſo weit vor ſih, daß das Ausfkriehen mit dem Eierlegen zuſammenfällt, die Jungen alſo, wie man ſagt, „lebendig geboren werden“. Ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen dieſem Vorgange und dem Gelegtwerden der Eier findet ſo ſelten ſtatt, daß bei einer und derſelben Spezies beides abwechſelnd vorkommen fann. Auch dieſe Verhältniſſe gehören ganz eigentlich in das „Leben“ der Nematoden, wie wir 3. B. ſehen werden, daß einzelne Nematodenmütter ſ{<ließli< zu einem bloß lebloſen Sacke werden, in wel<hem ihre Sprößlinge eine gewiſſe Periode ihrer Jugend zubringen.

Mir teilen die Rundwürmer in zwei Ordnungen ein: 1) Die Kragzer (Acanthocephali) und 2) Fadenwürmer (Nematodes), denen ſih eine weitere Gruppe, die Pfeilwürmer oder Borſtenkiefer (Chaetognathi) wahrſheinlih als beſondere Ordnung zugeſellt. y

Die Krater oder Hakenwürmer (Acanthocephali) gehören alle der Gattung Echinorhynchus an und ſind gekennzeihnet dur< einen mit mehreren oder vielen Reihen von Häkchen beſeßten Rüſſel. Wenn derſelbe niht etwa folbig oder kugelig aufgetrieben iſt, was bei einigen Arten geſchieht, ſo fann ex von dem Tiere wie ein Handſchuhfinger ein- und ausgeſtülpt werden, wobei die nach rüd>wärts gerihteten Zähnchen zugleich ſi aus- und einhaken. Jn der Prallheit und Derbheit der Hautbede>ungen und durch die Trennung der Geſchlechter ſtimmen die Kraßer mit den übrigen Rundwürmern überein; ein weſentlicher Unterſchied beſteht in dem Mangel eines beſonderen Darmkanales und Verdauungsapparates.

Im geſchlechtsreifen Zuſtande leben ſie nux im Darmkanal von Wirbeltieren, jo der größte, Eehinorhynchus gigas, von der Länge und Dicke des Spulwurms, im Dünndarm des Schweines. Um aber an dieſen Aufenthaltsort zu gelangen, haben ſie ganz ähnliche Wanderungen durhzumachen, wie ſie oben erwähnt wurden. So lebt der ebengenannte Kraßer des Schweines als Jugendform in den Engerlingen von Maikäfern und

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