Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

154 Würmer. Fünfte Klaſſe: Rundwürmer; zweite Dvdnung: Fadenwürmer.

‘endlih aber erſtarrt ſie und ſtre>t ſich dabei linear. Hält dieſer Zuſtand längere Zeit an, ſo ſtirbt die Larve ab. Anders geſtaltet ſih der Lauf der Dinge, wenn die Embryonen auf ihrer Wanderung eintro>nen. Dieſes Ereignis, weit entfernt, ihnen zu ſchaden, iſt vielmehr für ihre Erhaltung von weſentlihem Nußen; ſie treten mit dem Eintro>nen in das Larvenſtadium, und die Embryonalhaut bildet ebenfalls eine Hülle für die Larven. Beim Eintritt von Feuchtigkeit leben ſie wieder auf, und beim Schwinden derſelben vertro>nen ſie. Damit die Larven wachſen und in das geſchle<tsreife Stadium treten, müſſen ſie unbedingt in eine feuchte, ſti>ſtoffhaltige Subſtanz gelangen. Dann wird die Cyſtenhülle geſprengt, ſie nehmen Nahrung zu ſi, und es gehen alle die Veränderungen vor ſich, welche ſie zum geſchlechtsreifen Tiere machen. Frei bewegliche Larven wittern von weitem einen ſol<hen Fäulnisherd. Läßt man in einem größeren, mit Erde gefüllten Gefäße eine Kolonie ſolcher Tiere ſi<h entwi>eln, fo verteilen ſich die Larven darin na<h Ablauf der Fäulnis. Gießt man nun, wenn die Erde feucht iſt, auf einen Punkt derſelben ¿. B. einige Tropfen Milch, ſo wird man dieſelbe ſhon nach einer Stunde mit Tauſenden von Larven bede>t finden.“ Dieſer die Anweſenheit kleinſter Organismen ſo überraſchend befundende Verſuch iſt, nah Schneiders Bemerkung, ſchon vor faſt 100 Jahren von einem gewiſſen Roffordi angeſtellt worden. Er kochte Weizenmehl in Waſſer mit Eſſig gemiſcht und legte den Kleiſter, in ein Leinwandſä>chen eingeſchloſſen, in einen Blumentopf mit feuhter Erde, worauf nah 10—12 Tagen der Kleiſter regelmäßig mit Älchen gefüllt war.

a) Weibchen der Leptodera-Form der Ascaris nigroyenosa. Þb) Brutſhlauch. Vergrößert.

Fan de Man fand in ſandiger, mit Moospflänzchen bede>ter Erde vom Großen Ettersberg bei Weimar niht weniger wie 36 Arten frei lebender Nematoden, von denen 32 auch in Holland von ihm entde>t wurden. „Auffallend iſt es aber“, ſagt unſer Gewährsmann, „daß in dieſer Erde keine Arten gefunden wurden, welche in den Niederlanden ausſhließli<h die Dünengegenden bewohnen; ſollten dieſe Formen vielleicht wirflih aus: ſhließli<h dieſe ans Meer grenzenden Dünengegenden bevölkern?“ Und ex hält es niht für unmöglich, daß die betreffenden Würmer marinen Urſprungs ſeien.

Die Gattung Rhabdonema hat einen merkwürdigen Entwidelungsgang, ſogenannte Heterogonie, indem zweierlei Generationen verſchieden geſtalteter Würmer mit verſchiedener Lebensweiſe aufeinander folgen. So lebt na< der Entde>ung Leu>arts in der Lunge der Fröſche, und nict ſelten in großer Menge, ein bis 2 cm lang werdender Wurm (Rhabdonema nigrovenosum), der, was ſonſt bei Fadenwürmern im ganzen ſelten vortfommt, zwitterig iſt und zahlreihe Junge zur Welt bringt, welche aus der Lunge des Wirtes in die Speiſeröhre und weiter in den Darm desſelben gelangen. Von-hier werden ſie mit dem Kot nah außen befördert und entwi>eln ſi hier innerhalb weniger Tage zu einer frei lebenden, getrennt geſ<le<tlicen, viel kleineren Zwiſchengeneration, welche einer anderen, bloß frei lebenden Gattung (Rhabditis) durhaus gleicht. Die Nachkommen dieſer Generation erſt, welche wenig zahlrei ſind, etwa 2—3 bei jedem Weibchen, wandern, nachdem ſie den mütterlichen Körper ausgefreſſen und feine Haut geſprengt haben, wieder bei Fröſchen dux< das Maul in die Lunge ein und werden zur zwitterigen Generation.