Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

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Ascaris nigroyenosa. 155

Einen durhaus ähnlichen Vorgang entde>te gleichfalls Leu>kart bei zwei anderen Wurmarten, von denen die eine ein beſonderes JFntereſſe als Paraſit des Menſchen hat. Jn heißen und warmen Gegenden (Kotſchinhina, Oberitalien) findet ſih gelegentlich im Darme des Menſchen in ganzer Ausdehnung ſowie in den Ausführungsgängen der Leber und der Bauchſpeicheldrüſe ein Nematode (Rhabdonema strongyloides), welcher die Urſache heftiger Diarrhöen wird. Die Tiere ſind äußerſt fruchtbar und ihre Nahkommenſchaft, wel<he Leu>kart für eine einzige Ausleerung auf eine Million und darüber ſ{häbßt, gelangt na< außen, wird im Freien als Rhabditis stercoralis geſhle<tsreif und pflanzt ſi fort. Jhre Brut kommt mit unſauberem Trinkwaſſer und dergleichen wieder in den Darm des Menſchen und wird hier zum Rhabdonema strongyloides.

Die andere heterogone Wurmart hat Allantonema mirabile. Die zwitterige, paraſitäre Form ſ{hmaroßt in einem ſehr ſchädlichen Käfer, dem großen Fichtenrüſſelkäfer (Hylobius pini), aber ohne leider das Wohlbefinden desſelben weſentli< zu beeinträchtigen. Im ausgebildeten Zuſtande iſt das Tier 3 mm lang, nieren- oder bohnenförmig, in hohem Maße rügebildet, und ſeine ziemlih geräumige Leibeshöhle enthält nihts anderes als weiblihe Geſchlehtsorgane.

Die Jungen entwi>eln ſi<h im Jnneren des elterlihen Körpers zu 0,3 mm langen, ſhlanken Spulwürmern und verlaſſen denſelben, um in die Leibeshöhle des Käfers zu gelangen. Jhre Zahl, in der ſie niht zugleih, ſondern nah und na< auſtreten, mag zwiſchen 5000 und 6000 ſein. Sie ernähren ſih zuerſt in der Leibeshöhle ihres Wirtes von deſſen Säften und, da ihre Mundöffnung unwegſam iſt, dur<h Osmoſe. Haben ſie eine beſtimmte Größe erlangt, dann durchbohren ſie die Wandung des Maſtdarmes, un in dieſen und weiter dur< den After nah außen zu treten. Sie verlaſſen ihren Wirt danach niht ſofort, ſie werden zunächſt aus Binnenſhmaroßern Außenſchmaroßer, indem ſie in den Raum unterhalb der Flügelde>en einwandern. Hier durchlaufen ſie ihre weiteren Larvenſtadien, um endlich als geſhle<htsreife, getrennt geſhle<htlihe Würmer (RhabditisForm) den Käfer zu verlaſſen, ſih zu begatten und ziemlich feſtſchalige Eier zu legen, welche wieder Rhabditis-artige Larven liefern. Nachdem dieſe geraume Zeit frei gelebt und, da ſie im Beſitz einer wohlentwi>elten Mundöffnung ſind, ſelbſt gefreſſen haben, ſcheinen ſie in die jüngſten Larven des Rüſſelkäfers einzuwandern und in und mit dieſen ihre Verwandlung zu durchlaufen.

Bei einer anderen Rhabditis-Form (Leptodera appendiculata) find die Verhältniſſe zwiſchen Paraſitismus und freiem Leben ſehr intereſſant, wie wir beſonders dur< Claus wiſſen. Hier iſt der Paraſitizmus fakultativ d. h. er kann eintreten, aber auh unterbleiben, ohne daß die Erhaltung der Art gefährdet wird. Jn leßterem Falle folgt eine vielleiht unbeſchränkte Reihe von Generationen aufeinander, die alle e<hte Rhabditis ſind. Nun bietet ſih aber einem oder dem anderen Fndividuum die Gelegenheit, in die gemeine Wegſchne>e (Arion empiricorum) einzuwandern. Fn dieſer erleiden ſie Veränderungen, werden doppelt ſo groß (4 mm) wie die frei lebende Form und erfahren auch ſonſtige Modifitationen in ihrem Bau. Geſchle<htsreif werden dieſe Tiere erſt, nachdem ſie ihren Wirt verlaſſen haben, und ſie bringen im Freien wieder Rhabditis-Brut zur Welt. Es liegt alſo auh hier, wie in den vorigen Fällen, Heterogonie vox, nur mit dem Unterſchicde, daß es niht notwendig erſcheint, daß zweierlei verſchiedenartig organiſierte Generationen umſchihtig aufeinander folgen.

Dem Scharfbli> Leu>arts und ſeiner großen Erfahrung auf dem Gebiete der Paraſitenkunde verdanken wir auh die Entde>ung eines neuen und die genauere Kenntnis eines früher ſhon bekannten Nematoden: der erſtere (Atractonema gibbogum), der in der Leibeshöhle der Larven einer Mücke (Cecidomyia pini) ſ{<hmarogßt, wurde zugleich