Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Gemeine Landkrabbe. Gelasimns. Sandkrabben. Muſchelwächter. 29

und wird durch angeſtrengte Bewegungen des in der Eingangsſpalte ſpielenden Anhanges der äußeren Kieferfüße der Kiemenhöhle wieder zugeführt. Es hat ſi<h, während es in dünner Schicht über den Panzer hingleitet, wieder mit Sauerſtoff ſättigen können, um dann aufs neue zur Atmung zu dienen. „Jn recht feuchter Luft“, ſagt unſer Gewährsmann, „kann der in der Kiemenhöhle enthaltene Waſſervorrat ſtundenlang vorhalten, und erſt, wenn ex zu Ende geht, hebt das Tier ſeinen Panzer, um von hinten her Luft zu den Kiemen treten zu laſſen.“ Dann atmen ſie alſo wirklih Luft, gleich den ſ<hnellfüßigen Sandkrabben (Ocy poda), aus\<ließlihen Landtieren, die ſih im Waſſer kaum einen Tag lebend erhalten, während weit früher ſhon ein Zuſtand gänzlicher Erſchlaffung eintritt und alle willkürlihen Bewegungen aufhören. Auch ſie laſſen durch eine ſehr verborgen liegende verſhließbare Öffnung die Luft von hinten her in die Atemhöhle treten. Verwandte Fermen ſind es auch, welche ſi<h einem Aufenhalt in ſüßem Waſſer angepaßt haben (Telphusa), und eine Art (T. fluviatilis) iſt in Ftalien, beſonders im See von Albano und Nami, nicht ſelten. Sie lebt im Waſſer zwiſhen Baumwurzeln und Steinen, geht auh gern auf das Land, flüchtet aber bei der geringſten Gefahr in ihr Urelement zurü>. Den Fiſchern iſt ſie verhaßt, denn ſie ſoll, was wohl leiht möglich iſt, die gefangenen Fiſche im Netze anfreſſen. Die friſch gehäuteten werden in Ron: als granci teneri gern

gegeſſen.

Zwar dur< ihre mehr rundliche Geſtalt abweichend, aber in einigen mweſentlihen Einri<htungen der Mundwerkzeuge ‘und Kiemen- Neiterfrabbe (0cypoda). Natürliche Größe. höhle mit den übrigen Viereckrabben übereinſtimmend ſind die Muſchhelwächter (Pinnotheres), zwiſchen den Schalen verſchiedener Seemuſcheln lebend. Fhre Hautbede>ung bleibt ziemlih weih und gewährt ihnen nicht hinreihenden Schuß, den ſie im Schoße ihrer Freundinnen finden. So nämlich, als ein Freundſchaftsbündnis faßten die Alten das Verhältnis von Krebs und Muſchel auf. Die Muſchel ſollte dem weihhäutigen Krebſe Schuß gewähren, wogegen der mit guten Augen begabte Krebs ſie rechtzeitig auf nahende Gefahren aufmerkſam machte.

Die Art, welche zur Sage Veranlaſſung gab, iſt die ſowohl in der Nordſee als im Mittelmeer lebende Pinnotheres veterum, die ſih vorzugweiſe in der großen Ste>muſchel aufhält. Eine andere, Pinnotheres pisgum, liebt die Miesmuſchel, ſchlägt jedoch gelegentli<h ihre Wohnung auch in der Herzmuſchel auf. Offenbar wechſeln ſie ihr Quartier, gleich den Einſiedlerkrebſen, wenn der Raum ihnen zu enge wird; doch fand der bekannte engliſche Naturforſher Hyndeman einmal in einer no<h niht drei Linien langen Herzmuſchel einen ſolhen Gaſt, der mit ausgeſtre>ten Beinen drei Linien maß. Eine verwandte Form (Fabia chilensis) wohnt an der peruaniſchen Küſte im Endabſchnitte des Darmes von einem Seeigel (Euryëchinus imbecillis) und ſoll eine lokale Anſchwellung der Schale verurſachen. Ï