Cèrnagora
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Theil der ſerbiſchen-Küſtenbewohner den Vladika als ihren natürlichen Schußherrn, und ſein Einflnß ‘auf fie nahm in demſelben Maße zu, wie Ragusa in Verfall gerieth. Dieſer berühmte Freiſtaat ſtand, vor dem Einfalle der Franzoſen, auf der ganzen Halbinſel in ſolcher Achtung, daß die Slaven der Türkei ſich in eigener Perſon dahin begaben, um ſeinen Gerichtshöfen ihre Streitigkeiten zur Entſcheidung vorzutragen. Seine Ariſtokratie, die, ganz nah bürgerlichen Zuſchnitt, lediglich mit parlamentariſhen Verhandlungen beſchäftigt, nur auf geſeßmäßige Ordnung bedacht und von allen dem Lehens- und Ritterweſen eigenen Anmaſſungen fern war, galt für die vüäterlidſte von ganz Europa. Dieſer fleine Staat, der in beſtändiger Ruhe lebte, bildete den vollſtändigſten Gegenſaß gegen die regſame, friegeriſche cèrnogoriſche Republlf. Zur Zeit des Einzuges der Franzoſen in Ragusa war es gerade fünfundzwanzig Jahre her, daß dort Niemand zum Tode verurtheilt worden. Sah man ſih genöihigt, eine Todesſtrafe zu verhängen, ſo legte die Republik Trauer an und ließ einen Scharfrichter aus der Türkei kommen, der jedoch ſogleih, nachdem“ er ſeine Arbeit verrichtet und ſeine Bezahlung empfangen, wieder fortgeſchi>t wurde, ohne daß esihm gegönnt war, auch nur den übrigen Theil des Tages in dieſer Stadt des Friedens zu verweilen. Nur allein die Ceta’s der Cèrnogorer und die daraus für die lateiniſhen Serben entſpringende Verpflichtung zur Blutrache, ſtörten dann und wann die tiefe Stille dieſes Landes.
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