Charakterologie

Einzeltypen 57

gemeine des Charatters. Sie geben einen Materialjchat für die Charafterologie ab, bilden aber zujammen Zeinerlei Syjtem oder auch nur Syjtems anjat einer Charatterlehre.

Don deutjhhen Klaffitern hat Goethe viele Typen gezeichnet. Werther ilt ein Typ in diefem Sinne geworden (und als Derförperung diejer ganzen empfindjamen Zeit jogar ein hiltorijcher Kulturtyp). Schon wieder mehr fonjtruftiv und darum jich den deutlich charafterologiichen Typen annähernd, ijt der Charaftergegenjaß von Tajjo und Antonio, ein polarer Typengegen= ja&, der eine ganz bejtimmte Perjpeftive angibt (was Typen wie Gretchen oder der jehr plajtijcy als Typ gezeichnete Wagner im „Saujt” nicht tun).!)

In der neueren Literatur ijt es bejonders Ibfjen, der viele ausgejprochene Typen und Typengegenjäße gibt — oft jo pjychologijc fonitruftiv, daß es bis an die Grenzen des dem Dichter Erlaubten geht: die „Kronprätendenten” jtellen in manden Teilen geradezu eine Dramatijierung der Typenpole des Selbitjiheren und Unjicheren dar. Peer Gynt ijt gleichfalls in den charafterologijhen Typenjchat der Didytung eingegangen, und be= jonders glüdlich in der Einheit von Charafteranalyje und dichterijcher Geitaltung ijt der Typ des innerlich unechten, fomödiantichen Menjchen im Hjalmar Efdal der „Wildente“ feitgehalten.

Wenn audh fraglos alle gut gezeichneten Typen diejer Art als Materialjammlung für die Charafterologie wichtig find, jo wäre es nun aber doc eine jehr einjeitige Reaktion auf die „Iebensferne” Pfjychologie der vergangenen Jahrzehnte, wollte man diefe Art Menjchenfennertum und Seelenfunde, wie fie die Dichter ausbilden und wie fie noch) viele andere dafür begabte Menjchen bejigen, als das Ideal der Charafterologie hinitellen, wie das von romantijcher Seite heute gejchieht. Praftijches Kennertum ijt in allen Gebieten von wijjenjhaftlicher Sorjhung zu jheiden. Es ijt jogar wahrjcheinlich, daß über ein gewijjes Maß hinaus das praftiihe „Erfühlen“ von Charakteren die wijjenjchaftliche Begabung zur Dijtanzierung einengt. Wie überall heißt auch hier die Aufgabe, zwei entgegengejeste Pole in möglichit fräftiger Spannung zufammensubalten. Der Dichter und Menjchenfenner wird fein Interejfe immer vorwiegend auf den Einzelfall richten, der Wiljenjchaftler den Einzelfall immer nur

1) Im übrigen ijt das Typenproblem im Schaffen Goethes viel zu mannigs taltig, um hier im Dorübergehen jtizziert werden zu fönnen. Sauft als Typ ijt 3. B. ein Problem, von dem Spengler eine ganze Weltfultur in ihrem Dejentlihen zu erfaljen fuht. S.a. 5. Ridert: Die Einheit des fauftiihen Charakters. Logos, Bd. 14, S. 1-63.