Das Nordlicht. Bd. 1-2

Zwar darf kein Engelsbild von seinem Sockel weichen, Noch je der Glockenklang ihm goldne Flügel leihen, Doch seine Schönheit wird uns immerdar erreichen!

Jetzt schweben Engel auch in holdgeträumten Reihen Vom Dom herab und leiten uns in hohe Hallen, Um Seelen durch beschloßne Ruhe zu befreien!

Das Kirchenherz scheint in Italien aufzuwallen: Da sieht der holde Franz in eigner Innerferne Die gleiche Glut wie Frankreich, hinter Blutkristallen !

Sein Münster wölbt sich über Gottes liebe Sterne: Selbst Vögel nisten traut in seinen Kathedralen, Denn was da liebt und leidet, hat er innig gerne.

Er scheint mir fast die liebe Frau auf Glas zu malen. Warum? Ich weiß es nicht! Auf einem stillen Anger Erscheint mir seine Jungfrau hinter Gnadenstrahlen.

Sie ist für mich der ganzen Welterlösung schwanger, Schon fangen Frühlingsblüten an, um sie zu lachen, Doch wird ihr Antlitz immer traumhafter und banger.

Besonders blaß erscheint sie durch das Lenzerwachen: Sie ahnt vielleicht bereits in ihrem Muttertraume Den eignen Sohn im Kampf mit einem grauen Drachen.

Da zwitschern aber alle Vögel laut im Zaume Und wollen so die Angstgedanken wohl verscheuchen, Doch seht, auch Engel blasen schon im Wolkenflaume.

Das singt aus voller Brust und aufgeblähten Bäuchen,

Das braust, daß es die Jungfrau rasch im Hag erwecke,

Denn Frühlingsstürme werden bald das Land durchkeuchen! 233