Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

Frage: wer bist du? antwortet: Ich bin der ich bin, so will der Herr sagen, daß in ihm die puritas essendi ist. Er sagt nicht einfach: Ich bin, sondern er fügt hinzu: der ich bin, um dadurch die Reinheit des Seins zu bezeichnen. Gott kommt ein Sein nur zu unter der Bestimmung der Reinheit.

5) Der nächste Beweis dürfte insofern von Interesse sein, als er den Begriff der Potentialität dem des In-der-Ursache-seins nebenordnet: das Potentielle hat die ratio intellectus und somit kein Sein. Die ontologische Potentia scheint damit umgebildet zu werden zur logischen Possibilität.

Entscheidend für den Nachweis von Eckharts idealistischer Grundhaltung ist das nächste Argument von der analogia entis. Wir werden darauf später ausführlich zurückkommen und nehmen das Ergebnis vorweg, daß es sich hier ausgesprochenermaßen um ein logisches Problem handelt: die Bedingung wird in Korrelation gesetzt zum Zu-Bedingenden.

Das gedanklidie Grundschema von Sein und Nichts, das sich durch alle diese Beweise hindurchzieht, bildet auch das Gerüst des folgenden Arguments aus dem Verhältnis von Substanz und Akzidenz. Nach dem letzten Beweise aus der aristotelischen Erkenntnispsychologie: Der Gesichtssinn muß frei sein von jeder Farbe, damit er überhaupt Farbeindrücke in sich aufnehmen kann. zieht Eckhart den allgemeinen Schluß aus der Beweisreihe: Gott hat kein Sein, weil er die Ursache alles Seins ist. Dadurch aber wird der Gottesbegriff erst eindeutig und scharf bestimmbar: es wird ihm zugesprochen, was sein Wesen ausmacht und von ihm verneint, was ihm nicht zukommt. Die Negation des Seins wird damit zur höchsten Affirmation: der puritas essendi. Es wirkt sich immanent sowohl der Satz der Identität wie der des Widerspruchs aus: die affirmatio wie die abdicatio, die Bestimmung des Begriffsinhalts sowohl wie seiner Grenzen.

Ein kurzer Rückblick zeigt uns: Eckhart trennt mit allem Nachdruck und mit aller Schärfe die Begriffe Gott und Kreatur, Erkennen und Sein voneinander. Er gewährleistet damit die absolute Reinheit der Begriffe und beseitigt die Gefahr einer Verdinglichung des Gottesbegriffs. Nachdem er die Bestimmung der Seinslosigkeit Gottes und der Erkenntnis derart auf die Spitze zetrieben hatte, daß er in der Quaestio über den Erkenntnisakt geradezu sagt: intelleetus inguantum intelleetus nihil est (Gey. 13,15), führt er den Seinsbegriff in einer neuen, von jeder Daseinsbestimmung befreiten Weise wieder ein durch den Begriff der puritas essendi als eines Seins der Wahrheit. In den rationes Equardi der Quaestio des Gonsalvus fanden wir den Gedanken

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