Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

86 O Jluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

Jlluſtcierte Kriegsberichte.

Engliſche Kavallerie im

türfiſchen Maſchinengewehrfeuer bei Gaza.

_(Hierzu die Kunſtbeilage.) Seit den türkiſhen Erkundungsvorſtößen, die die 0os-

maniſche Armee bereits im Wintex 1914/15 bis El-Kantara_

am Suezkanal geführt hatten (ſiehe Band II Seite 30), war es auf der Sinaihalbinſel (ſiehe die Karte Band 1 Seite 399) niht mehr zu größeren Kampfhandlungen getommen; das Gros der türfiſhen Armee unter Dſhemal Paſcha blieb längs der Grenze zwiſchen El=Ariſ<h und Akaba in feſter Verteidigungſtellung.

Ende März 1917 waren etwa fünf engliſche Diviſionen in einer Geſamtſtärke von rund 50 000 Mann auf der an der Küſte des Mittelländiſhen Meeres entlang führenden Karawanenſtraße vom Suezkanal bis über die türkiſche Grenze vorgedrungen. Auf der Ebene vor den Toren der Stadt Gaza kam es zu einer blutigen Shlaht, in der die Türken Sieger blieben. Der Feind, der mehr als 1500 Tote und zahlreiches Kriegsmaterial ſowie über 200 Gefangene auf dex blutgetränkten Walſtatt zurüdließ, zog ſi<h in Unordnung auf das 80 Kilometer in weſtliher Richtung gelegene El-Ariſh zurü>.

Troz ihres Mißerfolges unternahmen die Engländer, die inzwiſhen neue Truppen herangezogen hatten, ſhon na< drei Wochen wieder einen neuen Vorſtoß gegen Gaza, um den Vormarſch auf Jeruſalem, das eigentlihe Ziel ihres Angriffes, zu erzwingen.

Am 20. April, um fünf Uhr morgens, während noh dicter Nebel über Freund und Feind lagerte, begann die engliſche Artillerie die Stadt Gaza und die türkiſhen Stel-

lungen unter Feuer zu nehmen. Von der See her griffen

mehrere engliſche Kriegſchiffe mit ihren ſ<hweren Geſhüßen ebenfalls in den Kampf ein und zerſtörten die große Moſchee

in Gaza. Bald konnten die Türken im aufſteigenden Nebel

die erſten Entwi>lungsbewegungen der Engländer erkennen. Beiderſeits der nah Gaza führenden Skraße rüd>te eine ſeindlihe Diviſion vor, während eine zweite ihren Angriff gegen die mittlere, ſüdöſtlih von Gaza ſtehende türkiſche Heeresabteilung ſhi>te. Gegen aht Uhr morgens ſeßte auf der ganzen Front der Angriff der engliſhen Jnfanterie ein, die ſpäter dur< Kavallerie unterſtüzt wurde. Wie bei den Kämpfen in Nordfrankreih hatten die Engländer au< vor Gaza bedeutende Kavalleriemaſſen zuſammengezogen. Es waren mehrere Regimenter der ägyptiſ<arabiſ<hen Kamelreiter und der indiſhen Lanciers bereitgeſtellt worden, die zunächſt gegen den re<ten Flügel der linken türkiſhen Flanke vorgehen und dieſe überrennen ſollten, damit die nahrüd>ende Jnfanterie die türkiſche Front umklammern und dem Feind in den Rüden fallen Éônnte. Sinter dem ſandigen, von ſtruppigen Dornen- und

Wacholderbüſchen bewachſenen Hügelgelände erwarteten die Türken ruhig den Gegner, dex in dichten Maſſen über die Ebene herangeſprengt fam: Kamele und Pferde, Araber in weißem Burnus und Indiex in hohem Turban und heller

Tropenuniform in maleriſ<hem Durcheinander. Da be--

gannen auf meilenlanger Front die türkiſhen Maſchinen=gewehre zu fnattern, in deren Feuer Pferde und Kamele ſamt ihren Reitern in den Sand ſanken und bald einen zu>enden Wall von ſterbenden und verwundeten Menſchen

Und Tieren bildeten. Mochten die Engländer au< immer neue Shwadronen ins Feuer ſchi>en, es gelang ihnen an feiner Stelle, die Türken zu bezwingen und Ddur<zubre<en. -

Auf beiden Seiten wurde mit großer Erbitterung ge=tämpft. Die Engländer ließen au< fünf Panzerwagen gegen die türfiſhen Linien vorfahren, von denen aber drei im türfiſhen Feuer liegen blieben. Der Hauptſtoß der

_engliſhen Infanterie rihtete ſih gegen die beiden reten

türfiſhen Flügelgruppen, die jedo< unerſhütterlih ſtandhielten. Näher als auf 800 Meter kamen die Feinde überhaupt niht an die Stellungen heran. SS .

Es war drei Uhr nahmittags, als die Mitte bereits

zwei feindlihe Sturmangriffe blutig abgeſhlagen hatte.

Vor den türkiſhen Stellungen türmten ſi<h die Leichen

_der Gegner zu Bergen, aber troßdem ſeßten die Englän-

der, die inzwiſhen beträhtlihe Verſtärkungen erhalten

hatten, zum dritten und ſ<werſten Angriff ein.

Auf dem re<ten Flügel hatten die Osmanen dem Gegner jedoch [o ſhwere Verluſte beigebracht, daß ihre Heeresleitung

_ ſchon jeßt von der Flanke aus angreifend vorgehen -Éonnte.

Unterdeſſen wütete in der Mitte ſtundenlang ein heftiger Nahkampf, der gegen ſieben Uhr mit einem vollen Erfolg der Türken endete. Da ging auh auf dem linken Flügel

die türfiſhe Kavallerie zum Angriff über, ſ<hlug die engliſh=

ägyptiſhe Reiterei aus dem Felde und fiel dem Feinde in den Rüden. Für den Gegner beſtand die Gefahr, auf beiden Flügeln umfaßt zu werden, deshalb wih der rete engliſhe Flügel aus und zog ſih zurü>. Da die Türken

lebhaft na<hdrängten, wurde die Lage des Feindes von

Stunde zu Stunde ſ<wieriger. Mit dem Einbruch der Dunkelheit zogen ſih die Engländer auf der ganzen Front zurü>, verfolgt von der türtiſhen Kavallerie. Unter dem Schutze der Nacht gingen ſie bis in ihre Ausgangſtellungen bei El- Ariſ<h zurü>. — Zum zweiten Male hatten die Türken bei Gaza über ihren bedeutend ſtärkeren Gegner einen glänzenden Sieg davongetragen. =

Öſterreichiſch-ungariſche Donaumonitormannſchaften beſeßzen die Jnſel Dinu. (Hierzu das Bild Seite 89.) E : ZU meinen ſpannendſten Erlebniſſen im Kampfe mit Rumänien gehört unſtreitig die Er=oberung der Donauinſel Dinu. Lebhaft ſteht dieſes Ereignis no< vor meinem

ſchehen. Jh beteiligte mih zwar niht perſönlih daran, do< war mir Gelegenheit geboten, den Kampf aus der Ferne zu beobachten, an der Seite eines Diviſionsſtabes, dem ih als Ordonnanz unterſtellt wax. :

Gegen Morgen eines nebelſhweren Oktobertages des Jahres 1916 ſhre>te mich ein fur<htbarer Donnerſchlag aus dem Schlummer. Gleichzeitig hörte ih von dem anderen Ufer der Donau ſcharf und hart die Einſchläge großkalibriger Granaten herüberflirren. Dazwiſchen hinein fang unaufhörlih das _Getute einer Sirene. Entkſeßt über dieſen Lärm ſprang ih aus dem Unter= ſtand und “exbli>te im Nebel zwölf öſterreichiſ<h-zungariſhe Monitore. Über ihren drehbaren Panzertürmen rin=gelten ſih luſtig die Kriegsflaggen im ſäuſelnden Morgenwinde. Aus den

Geiſte, als wäre es geſtern erſt ge=-

dunkelgähnendenÖffnungen der Türme