Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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Illuſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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hen Stellungen hinzogen. Bei ſeinen Vorpatxouillen durchſtreifte Behnke den ganzen feindlihen Kompanie=abſchnitt bis zur dritten Linie. Er ſtellte feſt, daß der erſte Graben mit Stolperdraht ausgefüllt war bis auf wenige Stellen, wohin der Gegner ganz unregelmäßig Patrouillierpoſten vorſchi>te. Die eigentlihen Poſten ſtanden erſt im zweiten oder dritten Graben. Jhren genaue Plaß galt es feſtzuſtellen.

Das läſtige Maſchinengewehr befand ſi, das hatte man ſhon früher ausgema<t, gegenüber dem re<hten Flügel der Kompanie. linken Flügel heran. Wenn es dann alarmiert wird, ſhießt es nah vorn — wo wir niht ſind. In langſamex, geduldiger Arbeit ſ<hnitt ex ſih bei den Vorpatrouillen ſeine Gaſſe in das mächtige feindlihe Drahthindernis. War do< der ganze Raum zwiſchen erſtem und zweitem feindlichen Graben auf faſt hundert Meter Breite ein einziges Gewirr von tüd>iſhem Draht. Erſt hinter dem zweiten Graben tamen ſie äuf _ freies Feld. Nun galt es, nah re<ts abzuſ<hwenken, auf den Verbindungsgraben zu, wo ſie das Maſchinengewehx vermu-=teten. Wieder fanden ſie den Weg verſperrt. Ein zehn Meter breites Drahthindernis als Flankenſhuß; das konnten Jie erſt bei der Hauptpatrouille dur<ſ<hneiden. Wenn ſie es frühex taten, mußte es bei Tage bemerïlt werden.

Am 16. Juli nachts elf Uhr fünfzehn Minuten ſtand die Patrouille bereit. Behnke als Führer, Unteroffizier Eitel als zweiter und elf Mann, Hamburger, Schleswig - Hol= ſteiner und Hannoveraner. Da=von brauhten ſie gut die Hälfte als Sicherungen. Auf dem Bauche krochen ſie, einer hinter dem anderen, über den zerwühlten, na>ten Kreide=boden zwiſchen den feindlihen Stellungen. Vor ihnen blißte das Mündungsfeuer aus Den Gewehren der immer nervöſen franzöſiſhen Poſten. Rechterhand in der Ferne tobte eine heftige Kanonade. Jett ſtieg eine Leuchtfugel auf. Das war bei Poſten 2. im eigenen Gra=ben. Der hatte den Auftrag, wie ſonſt von Zeit zu Zeit eine Leuhtkugel zu |cießen, damit - der Feind niht argwöhniſ<h wurde. Auch die übrigen Poſten waren angewieſen, zu ſchießen wie ſonſt nur etwas höher. Die Leuchtkugel ſtand auf dem Gipfel ihrex Helligkeit. Regungslos lag die weit ausgezogene Kette der Patrouille an den Boden gepreßt. Taghell leuhtete um ſie her der weiße Kreideboden, auf dem längſt kein Grashalm mehr wu<s. Vor ihnen, în dunkler Wirrnis, der ſeindlihe Draÿhtverhau. Jett war die vorbereitete Gaſſe er=reiht. Behnke fro als erſter hinein; die anderen folgten. Leiſe firrte zuweilen ein Draht. Sonſt kein Laut. Da iſt der feindlihe Graben. Ganz mit Stolperdraht ausgefüllt. Jett größte Stille und Vorſicht! Achtzig Meter re<ts

hatten ſie bei den Vorpatrouillen einen Poſten bemerkt;

ſie wollten ihn ausheben, indem ſie ihr in “weitem Bogen umgingen und H durch den eigenen Graben in den Rücken zu kommen ſu<hten. — Weiter! Noh hundert

Meter Drahthindernis. Langſam und mühſelig. Faſt eîne

Stunde brauchen ſie, um dur die vorge]<hnittene Gaſſe

bis zum zweiten franzöſiſhen Graben vorzufriehen. End=-

lich ſind ſie da. Vorſichtig hinuntergeſpäht und gelauſ<ht, dann hinein. Nirgends ein Huſten oder Sprechen. Der Graben iſt leer. Zwei Mann wecden zurü>gelaſſen, die nah beiden Seiten ſihern und ein nahes Shnelladegewehr beobachten ſollen. Die übrigen friehen dur<h das rüdwärtige

Alſo, beſ<hloß Behnke, arbeiten wir uns vom Wir kommen ſo in ſeine Flanke.

General v. SeeŒé, Chef dés Generalſtabs des Kommandos dee Heeresfront Erzherzog Joſeph. Nah einer Originalzeihnung des k. ungariſchen Hauptmanns Oskar s Sommerſeld. i

Zwei Leute.

Hindernis weiter, der dritten Stellung zu. Endlih auf freiem Feld! Hier wachſen ein paar ſpärlihe Grashalme. Ganz nahe der grelle Bli aus feindlichen Gewehren und dex harte Knall des Abſchuſſes. Und dort re<hts das Maſchinengewehr. Es med>ert gerade eine Reihe Schüſſe na<h dem deutſhen Graben hinüber. Alſo dort ſteht es! Doch weſentli weiter nah re<ts und rü>wärts, als ſie gedaht hatten. Etwa zweihundert Meter über freies Feld haben ſie no< bis zu dem Flankenhindernis des Verbindungsgrabens, wo ſie in den feindlihen Graben eindringen wollten. Behnke

verteilt auf dieſe Stre>e vier Mann als Sicherung, dann

beginnt er mit Hilfe eines anderen die Gaſſe in das lebte Hindernis zu ſhneiden. Auf dem Rüden liegend ſpannt der eine ein Stü Draht zwiſchen zwei Händen, der andere flippt es mit der Schere dur<. Klipp — Üipp — ïaum hörbar, Draht für Draht und Schlinge um Schlinge. Die freien Enden werden zur Seite gebogen. Immer WieDer Pauſen, wenn eine Leuchtkugel ſteigt oder ein verdächtiges Geräuſ<h hörbar wird. Es beginnt zu regnen. Die Tropfen : fallen ihnen in das gegen den Simmel gerihtete Geſicht. Zwiſchen ſh Und der deut=ſchen Stellung hören ſie im zweiten - ſranzöſiſhen Graben einen Poſten wiederholt [hießen. Wenn er nux niemand. von den zurüdgelaſſenen Leu=ten bemerkt! Man iſt niht allein, man hat au< für die anderen zu ſorgen! — Etwas über zwei Stunden hatten ſie an den leßten zehn Metern dieſes Hinderniſſes zu arbeiten, dann war die leßte Schlinge zur Seite gebogen. Mann für Mann kro<h vor=ſichtig hindurh. Jeßt trennten ſie nur no< wenige Meter Über freies Feld von dem Verbindungsgraben. Behnke iſt als erſter auf der Böſhung und hor<t angeſtrengt na<h beiden Seiten. Kein Laut. Hinein in den Graben. Die anderen folgen bis auf zwei Mann, die auf dem Auswuxf als Sicherung zurüébleiben. Drei Mann ſind jezt nur noh bei den bei=den Unteroffizieren Behnke und Eitel. Zuerſt wieder im Graben auf die deutſ<he Stellung zu, um ſi< im Rücken zu ſichern. Jn der exſten \ranzöſiſchen Linie war ja wiederholt etwa in dieſer GegenD ein -

a, ESA

: : mußten ſie zuvor ausheben.

“ Eierhandgranaten bereit und die Piſtole in die Fauſt. Der zweite franzöſiſhe Graben! - Vorſicht! Ein Poſtenſtand! Kein Laut. Näher heran! — Ex iſt leer. Daneben die dunkle Öffnung eines Bunkers. Ein Mann wird als Poſten davorgeſtellt, die anderen ſ<leihen weiter. Da iſt die erſte Linie. Drüben ſehen ſie das Mündungsfeuer der eigenen Gewehre. Wieder ein Poſtenſtand. Auch er iſt verlaſſen» Lange Geſichter und Kriegsrat. War denn kein Menſch in dieſer vertra>ten franzöſiſhen Stellung © Es blieb nichts übrig, als umzukehren Und auf den hinteren Graben loszugehen. Dort mußte doch jemand ſein. Freili, gewundert hätte es ſie niht, wenn ſie au< dort niemand gefunden hätten. Es war allés wie verhext in dieſen Finſternis. Alſo zurü>! Vorſicht! Dex Graben iſt über= drahtet! Ganz leiſe! Jeut ſind ſie wieder bei dem zweiten Graben. Der Mann vor dem Bunker ſchließt ſi< an, und da ſind au< die auf dex Grabenböſchung zurü>gelaſſenen

Jett aber Achtung! Das Maſchinengewehr kann keine fünfzig Metex entfernt ſein. Sie müſſen im Graben gerade darauf zukommen. Da! Ein leiſes Warnungszeihen Des Führers, der um zwei Schritte voran iſt. Ex hört einen

franzöſiſchen Anruf und ſieht glei dana drei Franzo]en

Poſten beobachtet worden. Den