Die Physiognomie des Menschen

Fig.9

stark, z. B. die Hähne. Die im Norden wohnenden Völker haben harte Haare und sind stark. Nach Polemon und Adamantius sind sehr harte Haare kein gutes Zeichen, sie deuten auf einen bäuerischen Charakter. Beide schildern starke Leute als harthaarig. Rhases meint: Wer harte Haare hat, ist stark. Die Jagdhunde haben harte Haare und sind sehr kräftig. Der natürliche Grund für diese Härte der Haare ist das Vorwiegen von Hitze und Trockenheit, und zwar der erdigen Trockenheit, da die Erde das härteste Element ist. Starke Leute haben eine hitzige und trockene Natur: hitzig, um etwas ausstehen zu können, trocken, um Ausdauer zu haben. Juvenal sagt dazu: „Rauhe Glieder und Arme, mit harten Haaren bedeckt, verraten die trutzige Seele.“

Haare mittlerer Härte:

Polemon und Adamantius erwähnen außer den harten und weichen Haaren noch eine mittlere Art, die sie für die beste halten. Auch Aristoteles eignet der Gestalt des Scharfsinnigen mittelharte Haare zu.

Haare, die von der Stirn zur Nase wachsen:

Der griechische Text des Aristoteles lautet in einer alten Uebersetzung: Wem der Teil der Stirn, der vor dem Haupt ist, erhoben ist, ist freisinnig und den Löwen vergleichbar. Was man unter diesen Worten zu verstehen hat, weiß man nicht. Aristoteles redet an der Stelle von den Haupthaaren, nicht von der Stirnhaut oder einem anderen Kopfteil. Daher scheint mir die Uebersetzung sehr unvollkommen zu sein. Der Philosoph Suessanus bemüht sich vergeblich, diese Stelle zu übersetzen. Selbst Geßner, der im Lateinischen und Griechischen so gut Bescheid weiß, kann sich nicht helfen. Aus verschiedenen Gründen würde ich hier so übersetzen: Wem der Teil der Stirn, der vor dem Haupte ist, von Haaren rauh ist, der ist freisinnig und den Löwen vergleichbar. Bei Pole-

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