Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

Islam.

u. = ‚na fi ahsan minno.*

Reiner Segen war, daß das christliche Mittelalter im Latein eine gemeinsame Gelehrtensprache besaß. Erst mit dem Verfall der lateinischen Zucht begann unsre große europäischamerikanische Bildungsluderei. Aber neben dem <roßem lateinischem Kreise liefen nebenher drei andere mindestens gleichwertige Kreise abendländischer Seelenpflege. Zunächst der griechische, welcher erst 1453, nach dem Falle von Byzanz für das Abendland fruchtbar wurde und ein. schönes Zeitalter der Wiedergeburt herauführen half. Sodann der hebräische und der arabische. Bis 1800 konnten nur diese vier Kulturkreise für die Sittigung des ÄAbendlandes entscheidend sein. Seither aber ist abermals durch genauere Kenntniß des Morgenlandes eine Wiedergeburt zu uns gekommen; vor allem die Wiedergeburt der chinesischen und der .indischen Geisteswelt.

.. . Während die übrigen semitischen Völker (Babylonier, Assyrer, Phöniker, Aramäer (Chaldäer) und Hebräer) frühzeitig verbraucht und aufigesogen worden sind, haben die Araber, sarız wie die karg blühende düritige Natur ihrer Landschaft das fordert, erst spät ihr Nomadenleben aufgegeben und sind ans Licht der uns alle verknüpfenden Geschichte getreten, erst als 570. zu Mekka geboren ward Mohamed (‚der Gepriesene’). Noch im Naturmytos waren sie befangen zu einer Zeit, wo Europa schen seiner heutigen Wirklichkeitswissenschaft, Matematik und Logik entgegentrieb. Darum enthalten die 114 Suren des Koran — der an Umfang hinter dem N. T. zurückstehend, für den Islam zugleich ist: Religionsbuch, Rechtsquelle und Sittenlehre — noch viele Spuren arabischen Heidentums. Und mehr noch ist das der Fall in der den Koran ergänzenden Überlieferung (Hadith), welche beruht auf Brauch und Wort (Sunna).

Ähnlich nun wie das Christentum bald auseinander spaltete in die den Papst anerkennenden und daher strafier zusammengehaltenen beiden Gruppen der katolischen Christenheit und in die, in viele Sektensplitterchen bald zerstiebende protestantische Volkskirche, so spaltete sich auch der Islam in die den ‚Sultan‘ anerkennenden und daher straffer zusammengehaltenen Sunniten und in die lediglich den Koran geltenlassende kleine Partei (schia) der Schiiten. —