Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

Theologie gewesen war, schließlich zur Magd der modernen Wirtschaits- und Staatswissenschaften. Das war keine Befreiung. Es war nur ein Wechsel der Hörigkeit. Früher als andere Länder des Festlandes war England durch die Magna Charta (1215) zur Freiheit gelangt. Das klassische Werk seiner Wirtschaft, Adam Smith’s ‚Inquiry into the nature and causes of the wealth of nations‘ verkündete als Ziel: die Vermehrung der Menschenzahl; die Erhöhung der Arbeitsleistung und das Wachstum europäischen Wohlstands.

Dies Evangelium eroberte die Erde. Es vertrug sich durchaus mit dem Geiste des Christentums. Denn erst dieses hat den Menschen und zuletzt sogar die einmalige zufällige menschliche Einzelseele zum Angel- und Kernpunkt der Welt gemacht und den beglückenden Wahn verfestigt, daß die Erde und das auf ihr entstandene Menschenbewußtsein der Gipfel einer Geschichte sei, womit nur die tiefe Wahrheit verschleiert wurde, daß einzig dieses Menschenbewußtsein diese Geschichte macht.

Ein Wort von Karl Marx kennzeichnet vortrefflich die letzte Absicht der modernen, auf Fortschritt, Entwicklung und Bereicherung verschworenen Menschenwelt.

‚Das Kapital hat ein Grauen vor Abwesenheit von Bir ort: wie die Natur vor der Leere. Zehn Prozent und man kann sie haben, Zwanzig Prozent und sie werden lebhaft, 50 Prozent positiv waghalsig. Für 100 Prozent stampit man alle menschlichen Gesetze unter den Fuß. 300 Prozent und es gibt kein Verbrechen, das man nicht wagt, selbst auf die Gefahr des Galgens.‘ — —

Die amerikanische Welt in ihrer Mischung von Profitgier, klassischer Bildung und christlicher Frömmigkeit erinnert mich an die große Börse in London. In ihren Hallen entwickeln sich die rücksichtslosesten Ausbeutergeschäfte der Erde. Aber sie ist gebaut gleich einem Griechentempel und über ihrem Portikus sieht man dargestellt, wie Inder, Araber, Griechen, Türken, Chinesen, Perser und Neger sich allesamt drängen um das mit Gold gefüllte Füllhorn des Handels. Unter diesem Bilde liest man in Goldlettern den frommen Spruch: ‚the earth is the Lord’s and the fulness thereof.‘ Und das ist auch ganz in der Ordnung. Denn der christliche ‚Lord‘ ist nur ein Sammelbegriff für die christlichen Lords; weswegen der kluge Engländer von allen Wörtern einzig Ich und Gott, (I und God) groß schreibt. Sie besagen das Selbe: for my sake, for Heavens sake. -.. ... :