Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

= I = —

schulstädte aufsuchte, in dem Glauben, dort die weisen Männer des Abendlandes zu sehn. Nach einigen Gesprächen bat er, ihm £tine Liste aufzuschreiben von solchen Menschen, die in Deutschland aufzusuchen sich für ihn verlohnen würde. Ich schrieb Wohnungen auf, wie sie mir grade durch den Kopi gingen: den Namen eines Freundes in Hamburg, einer Schwester in Aachen, eine Wohnungsangabe in München, in Düsseldorf, in Wien, Berlin, Innsbruck. Ganz zuletzt fiel mir ein, den Namen Paul Deussens in Kiel aufzuschreiben. Der Mann ging, und ich habe nicht wieder von ihm gehört; aber nach Jahr und Tag hatte ich Gelegenheit, Paul Deussen nach ihm zu fragen, und da stellte sich denn heraus, daß dieser Bettelmiönch alle die ihm aufgeschriebenen Orte und Menschen in der Tat besucht hatte, aber genau in der selben Reihenfolge, wie sie auf dem Zettel standen, also kreuz und quer durch Deutschland und Österreich reisend und viele Monate gebrauchend für eine Rundfahrt, die in ein paar Wochen zu machen gewesen wäre. Dies aber geschah nicht aus Unkenntniß der Lage der Städte, sondern weil ihm der Sinn für Zeit fehlte und es ihm gleichgültig war, wo im Raume er sich befand. Ich wage nicht zu viel, wenn ich demjenigen die Krone von Polen verspreche, der einen modernen Amerikaner findet mit solehem Lebensgefühl.

Anm. 1922: Zum zweiten Buch sei ausdrücklich bemerkt, daß die Entgegensetzung „Europa-Asien“ begrifilicher, nicht aber aktueller Natur _ ist. Die Menschen und Landschaften Nord-, Mittel-, Südamerikas, die wir hier unter den Nenner „Kaukasische Kulturwelt‘ bringen, sind in der Wirklichkeit unermeßlich mannigfaltig.

Das Gleiche gilt für Australien und Airika. — Das Thema dieses Buches kann nicht einsehen auf ihre konkreten Zustände. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß Australien und Polynesien heute das Paradies ist für die kaukasische Rasse. Hier studiere man den Niedergang elementarischer Schönheit. — Anders liegt es für Afrika. Die Universal Negro Association, unter der starken Führung Markus Garveys, wird die weiße Rasse aus Afrika verdrängen. Schon haben im März 1920 die vier westafrikanischen Handelskolonien Sierra Leone, Gambia, Goldküste und Sklavenküste Gleich berechtigung der Schwarzen gefordert. Tausende hochgebildete Senegalesen durchqueren Wadailand, Darior und das obere Nilgebiet: Aufstand gegen Europa-Amerika predigend. In Aesypten kommt muselmanische Propaganda, von Angora ausgehend, ihnen entgegen. In Britisch-Ostairika, zumal in der Kenia-Kolonie finden sie Anschluß bei den Indern. — Eines nahen Tases wird Afrika in Flammen stehen. — Frankreich besitzt bereits eine Armee von 332 000 Schwarzen, wovon 125000 aus Nord-, ie 100000 aus West- und Aequatorialafrika kommen. In Armee und Verwaltung wirken Schwarze als Vorgesetzte. So ist der Tag nahe, wo der europäisch-amerikanische Kulturapparat von den Afrikanern zu eigener Befreiung übernommen wird. Die große Frage meines vorliesenden Werkes wird dann auch dem blödesten Auge klar werden. Das Reich des Geistes schnürt sich ab vom Reiche der Seele. Die Sachwelt ward bewundernswert erhaben. Die tragenden Seelen können ihr nicht Schritt halten.