Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

gearbeitetes Kleid, als eine Form oder als einen Stil, den wir über unser Leben hinbreiten. Was aber besagt Das?

Daß wir Schießpulver erianden oder den Buchdruck, dürfte nicht so wesentlich sein, wie dies, daß wir diese Findungen der . Vernunit im Dienste der Unvernunit verwerten, indem wir auch mit den herrlichsten Gütern des wachen Bewußtseins ins Unseheuerliche vermehren den Geist der .Barbarei, indem wir unsere Klugheit besitzen, um unsere Dummheiten zu rechtfertigen und unsere Sittlichkeit, um auch unser Unsittliches zu heiligen. Wohl errichten wir Riesenkrahne und Dynamos, aber benutzen diese Werke, um uns wechselweis immer elender zu machen. Wohl schmieden wir Panzerplatten und 42 cm Mörser, - aber nur, um das eine unsrer Werke mit einem andern zu zerstören. Wohl baun wir Luftschifie und Unterseeboote, aber nur, um in das Luitreich und unter die Meereswogen die Unmenschlichkeit unsrer Humanität zu tragen.

Daß etwas Anderes seiSchafien können, etwas Anderes Schöpierisch sein; daß Form oder Stil nicht das Gleiche sei wieGestalt, daß der schafiende Mensch ein fragwürdiger Typus des Menschen ist, insofern sein Können und seine Leistung etwa auf kosten der Schönheit, Heiligkeit und Reinheit seiner lebendigen Seele auferblühte ...... dieses vor allem hat das griechische Altertum tief gefühlt; wofür zum Beweise dienen mögen nur die folgenden denkwürdigen Stellen aus den Biosraphien Plutarchs:

‚Ein Narr wäre der Jüngling, der beim Anblick der Meisterwerke des Phidias wünschen möchte, ein Phidias zu werden. Weiß er denn, ob iene, die das Herrliche schaffen, in sich selber wirklich auch dieses Herrliche sind?.... Einst sprach Philipp von Makedonien zu seinem Sohne Alexander, als dieser den Ismenias als aller Flötenspieler obersten rühmte: Wäre er nicht unter Menschen der letzte, so würde

er vielleicht nicht der oberste unter den Flötenspielern sein... . Wir wollen die Künste ehren, aber Künstler soll man verachten.

.... Keine Erkenntnis kann bitterer sein als die, daß Wert und Würde der Werke nicht das mindeste besagt für Würde und Wert des hinter.den Werken stehenden Seelentumes, so daß beschämt betrogen ward, wer naiv genug war, an die vornehme Natur eines Menschen zu glauben, der hinter einer vornehmen Kunst, wie in einem Fuchsbau oder Dachsbau, sich verbarikadirt, so daß die lebendige Seele als ‚bloß empirische Persönlichkeit‘ wie aufgesogen erscheint durch die bedeutende Leistung. Man kann nicht gegen Menschen kämpfen, deren Wange kein Schlag mehr erröten macht.....