Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

119 Neueſte Geſchichte. 1. Zeitraum.

welche die Grundſäte ihrer in Italien und Deutſchland ſtehenden Kameraven theilten. Zu einer neuen Organiſation und Vermehrung derſelben, wie man bezwete, war es zu ſpät geworden. Sie wurde jetzt unter den unmittelbaren Befehl der ſogenannten Saalinſpektoren, d. h. Mitglieder des geſetzgebenden Körpers , welche mit der Ordnung und Sicherheit im Sizzungslofal beauftragt waren, geſtellt, was aber ohne Einfluß auf die Geſinnungen dieſer Garde blieb. Pichegru war zu einem der Saalinſpektoren, weil man ſi dur ſeinen Namen ſüßen zu können glaubte, ernannt worden. Auch dieſe Hoffnung ſtellte ſi bald a!s eine Täuſchung heraus.

Die Oppoſition wurde beſonders dadurch in eine falſche Sicherheit eingewiegt, daß ſie in der leßten Zeit bei mehren Debatten den Sieg über die Partei des Direktoriums davon trug. So wurde dieſem z. B. die Bez fugniß, Generale und höhere Officiere beliebig zu verabſchieden, entzogen, und wurde ſein Autrag auf Errichtung einer Lotterie und Einführung einer Salzſteuer verworfen. Die Anhänger des Direktoriums hatten auf das Volk dur< Maueranſchläge zu wirken geſucht, die jezt ohne vorher eingeholte Erlaubniß verboten wurden. Um den Angriffen der direktorialen Journale zu begegnen, ward eine Kommiſſion zur Abfaſſung eines Preßgeſeßes ernannt.

Das Direktorium hatte ſchon ſeit Ende Julius Truppen in die Nähe der Hauptſtadt, in welcher ſi ſeit ver terroriſtiſchen Inſurrektion vom 1. Prairial des Jahres I[T (20. Mai 1795) ohnedies eine ſtehende Garniſon befand, gezogen, und ſich an die-Beſchwerden der Oppoſition über Verfaſſungsverlebung nicht gekehrt. Siebenzehn Kanonen waren im Hofe der am Marsfelde liegenden Kriegsſchule aufgeſtellt. In der lebten Zeit hatten einzelne Korps zur Nachtzeit die Barrieren von Paris überſchritten, und die Thatſache war nachher von den Rednern der Regierung geläugnet worden. Die Führer der Reaktion ließen ſi<h dadurch in ihrer Zuverſicht nicht ſtören. Diejenigen, welche, beſſer als ihre Kollegen unterrichtet, mit Beſtimmtheit einen Angriff auf den geſebgebenden Körper vorher= ſagten, wurden der Leichtgläubigkeit und des Kleinmuthes beſchuldigt. Carnot und Barthelemy, die do< am Beſten über die Abſichten des Triumvirats unterrichtet ſein konnten, ſchienen ebenfalls nichts zu befor= gen. Paſtoret erklärte, die moraliſche Macht ſei auf Seiten der Oppoſi= tion, und die Regierung werde es niht wagen, die Verfaſſung zu verletzen. In den inneren Kämpfen in Frankreich haben die unterliegenden Parteien, von der Gironde an bis zu der Nationalverſammlung von 1851, faſt immer eine unglaubliche Verblendung gezeigt, dadurch ihr eigenes