Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Kongreß in Raſtadt. 125

‘ein friedlihes Verhältniß zu der Republik treten. Das portugieſiſche Kabinet war zur Abtretung einiger Diſtrikte ſeines Antheiles an Guyana, und zur Auſhebung des 1703 mit England abgeſchloſſenen Handelsver= trages geneigt (Auguſt 1797). Aber der Prinz von Braſilien, nah= mals König Johann VI., welcher im Namen ſeiner geiſteskranken Mutter die Regierung führte, ließ ſich zu einem Wechſel in ſeiner Anſicht bewe= gen, verweigerte dem Vertrage ſeine Beſtätigung und wurde, als er ſi nac dem Frieden von Campo Formio Frankreich nähern wollte, von dem Direktorium zurü>gewieſen.

Der zur Ausgleichung zwiſchen dem deutſchen Reiche und der fran= zöſiſchen Republik beſtimmte Kongreß trat in der Mitte Decembers in Raſtadt zuſammen. Die im Frieden von Campo Formio von Oeſterreich zugeſtandene Abtretung des linken Rheinufers war geheim geblieben. In der kaiſerlichen Botſchaft vom 1. November an den Reichstag wurde noh von der Integrität des Reiches und der Erhaltung ſeiner Verfaſſung als Grundlagen der zu eröffnenden Unterhandlungen geſprochen. Aber den Reichsſtänden wurden ſehr bald die Augen geöffnet. Im Laufe De= embers ward das linke Rheinufer von den Oeſterreichern geräumt, und am vorleßten Tage des Jahres Mainz von franzöſiſchen Truppen beſett. Das Reich , von Preußen im Frieden von Baſel und von Oeſterreich im Frieden von Campo Formio Preis gegeben, willigte am 11. Mäzz' (1797) in die Abtretung des linken Rheinufers, no< niht ganz fünf Jahre, nachdem es der franzöſiſchen Republik den Krieg erklärt hatte, ein. Aber das Direktorium war, während daſſelbe über die ihm gemachten Zugeſtändniſſe hinausging, und Kehls, Kaſſels Einverleibung mit Frankreihs und Ehrenbreitenſteins Schleifung verlangte, niht geneigt, die von ihm geleiſteten Zuſagen pünktlih zu erfüllen, und zögerte mit dem Abzuge ſeiner auf dem rechten Nheinufer zwiſchen der Lahn und Nidda lagernden Truppen. Die franzöſiſchen Bevollmächtigten beim Kongreß betrugen ſi übermüthig und herausfordernd, und ſchienen einen Genuß darin zu finden, den deutſchen Geſandten bei jeder Gelegenheit die Schwäche und Abhängigkeit ihres Staatsweſens fühlbar zu machen. Der endliche Abſchluß des Friedenswerkes wurde bei den vielen Neben= unterhandlungen verzögert, und kam überhaupt niht in Raſtadt zu Stande, aber der Verluſt des linken Rheinufers, welches einige der älteſten Schöpfungen Deutſchlands, und viele Erinnerungen an eine große Vezgangenheit enthielt, ſollte auf lange Zeit hinaus eine vollendete Thatſache bleibeu.