Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

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Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

feſten Pläße ihm zu entreißen und ſeine Hauptarmee in unausgeſeßten Kämpfen zu zermürben.

Überraſchend ſ<nell konnte Warſchau dur< des Prinzen Leopold Armee am 5. Auguſt beſeßt werden. Der Grund Tag ebenſowohl in dem unwidexrſtehlihen Angriff unſerer Truppen, bei denen Preußen, Sachſen, Würt=temberger und Bayern vertreten waren, als au< in der

Hoffnungsloſigkeit, die ſi<h der ruſſiſhen Heeresleitung |

ſhon ſeit mehreren Wochen bemächtigt hatte. Jeder Tag längeren Widerſtandes mußte ihr höchſt willlommen ſein. Herzlih gerne hätte fie die Räumung des weſtlihen Weichſelufers no< eine Weile hinausgeſ<hoben, um

die Rückbeförderung der großen Maſſe na< Oſten hin Aber dieſe Hoff=

ungehinderter bewerkſtelligen zu können. nung wurde mit einem Shlage vernihtet dur< die Er=

ſtürmung der Werke Warſhaus und den bald darauf fol-_ genden Übergang auf das öſtlihe Ufer, dur< die Be- | ſeßzung der Vorſtadt. Praga und den breiten Vormarſch | der Armee des Prinzen Leopold längs der Bahn War=-

\<hau—Minsf.

und das Ringen im Narew-Weihſel-Winkel niht für ſih allein betrahten. Im unmittelbaren Anſhluß bewegten ſi<h die Maßnahmen der Armee Woyrſh im Raume zwiſchen Warſhau und Jwangorod. Sie überſchritt die Weichſel bei der Radomkamündung 1nd gewann nah und nah ſo viel Raum na<h Nordoſten und Oſten, daß ſie ſhon am 9. Auguſt niht mehr weit von dem Raum der Stadt Lukow entfernt war. Hier vollzog ſi<h am ſelben Tage die wihtige Berührung dieſer Armee mit derjenigen des Erzherzogs Joſeph Ferdinand, die ſi< am öſtlihen Weichſelufer in <hweren Kämpfen über den Wieprz hinübergearbeitet hatte. Nun wurde der

gemeinſame Vormarſch längs der Bahn Jwangorod—Lu-

fow—Breſt - Litowsk fortgeſeßt, während gleichzeitig die Armee Matenſen von Süden her gegen die Stre>e LuTfow—Breſt-Litowsf im [harfen Vorrü>en war. Der Er-= folg dieſer beiden Armeen war um jene Zeit nur mögli, wenn ihnen die ſtarke Feſtung Jwangorod rechtzeitig zum Opfer fiel. Das geſ<hah na< ſ<hweren Kämpfen am 4. Auguſt.

Vor kurzem erſtwurde der im Ruheſtand lebende bayeriſhe Prinz an die Spitze dex vor Warſchau kämpfenden Truppen berufen. Seiner ruhm=reihen Laufbahn iſt dux< den Sieg bei Warſchau eine herrlihe Krönung widerfahren. Dex am 9. Februax 1548 geborene Prinz iſt ein vielerfahrener Feldzugsoffizier. Das Gefecht bei Kiſſingen ſah ihn ſhon im Sattel. Jm Jahre 1870 wurde ihm bei Sedan das Pferd unter dem Leibe erſ<oſ= ſen. Als Baiterieche|\ zeihnete er ſih bei Orleans aus und de>te in heldenmütigem Aushar=ren Den notwendig ge=wordenen RücZug des Generals v. der Tann. Spuler, m FUeden, führte der Prinz die IV. Armeeinſpektion, zu der außer bayeriſchen Truppen au< das III. unDd TV. preußiſ<he Rorps gehörten. Regelmäßig erz ſchien er an einem Tage der Manöver als Zuſhauer und ritt beoba<htend mit ſeinem Stabe über das ſriedlihe Schlachtfeld. I< ſelbſt habe ſeiné Kritiken, die er in Gegenwart Hindenburgs hielt, wiederholt mit angehört. Der Prinz iſt tein Freund vieler Worte. Mit wenigen treffenden Bez merkungen erfaßte er das Weſen der Dinge, und ſeine große Liebenswürdigkeit und die Milde ſeiner Kritik exhöhten nux den Dienſteifer. An noh größeren Entſchei-

dungen, als es die Fortnahme Warſchaus war, wird ſeine

tapfere Armee vorausſihtli<h teilnehmen. Sie fann ſi glü>li<h ſchäßen, einen Führer von Begabung an ihrer Spitze zu haben. e

Nicht ſo leiht wie Warſchau gaben die Ruſſen die ſeit dem

ſtarken Werke von Nowo-Georgiewsk auf. Aber 6. Auguſt, wo es Uns gelang, von Norden her die Einſhliezungstruppen bis gum Narew zu führen und die

“Feſtung au< von Süden zu umklammern, ſtand ſie unter | Am 8s. Auguſt Oſten eingeſchloſſen und lag

ſcharfem Und ſ<werem Artilleriefeuer. WULrDE “DeL Platz auh von E TS — E E weit E von dem i]hen Soldaten, i e / = E der ſih auf der Flut zur SS Auch dieſes Mal dürfen wir den Kampf um den Narew

Jtalieniſche Soldaten, die in Ermanglung anderer Erfolge einen Grenzſtein um einige Meter verſeßen.

| Tiroler Landſturm bereitet eine

Stéteinlawine vor. (Hierzu das Bild Seite 137.)

_An Stelle der Artil= lerie, die im Hochgebirge nux ſelten in Anwendung fommen fann, hat die Natux hier dem Vertei=diger ein Mittel an die Hand gegeben, das, ſo einfach es au iſt und ſo ſehr es uns an die Kämpfe | dex Steinzeitmenſchen erinnern mag, ſelbſt heute noh ein niht zu unter= ſhäßender Faktox im Nahkampf und Gebirgs= Érieg genannt werden darf. Die Steinlawine, der Steinſchlag, den jeder Hochtouriſt kennt und ure, | n JeBE gen Kriege zu ungeahnter Geltung getfommen. Schon im Altertum ver=‘teidigten die feltiſhen Bewohner der Alpen ihr Gebiet dur das Hinab= rollen von Steinen und Felſen; Hannibal und nah ihm Cäſar erlitten bei ihren Alpenübergän=gen dur dieſe Kampfart \hwere Verluſte, und no< vox hundert Jahren, im Tiroler Freiheits= kampf von 1809, wurden des öfteren franzöſiſhe Abteilungen dur<h Steinlawinen ver=nihtet, die die Scharen Andreas Hofers und Spe>bachers auf den ahnungsloſen Feind hinabſtürzen ließen. Ähn-

Phot. Berl. Züuſtrat.=Geſ. m. b. H.

‘Tih erging es im gegenwärtigen Kriege den Jtalienern, die

über die Hochfläche von Lavarone in Südtirol eindringen und die öſterreihiſhen Stellungen bei Belfiore im Trentino angreifen wollten. Am 13. Juni erhielt die dritte Kompanie des 71. italieniſhen Jnfanterieregiments den Befehl, von Coſatto aus dur das Aslicotal vorzurü>ten, während gleih=zeitig zwei weitere Kompanien dur<h die Schluchten des Cima Norre vormarſchierten, um auf dieſe Weiſe die öſterreihiſ<hen Höhenſtellungen- zu umzingeln. Allein ein öſter=reihiſ<her Gendarmeriepoſten unter dem Kommando des Wachtmeiſters Reyrex, der ſeit Beginn des Krieges, verſtärkt dur< Tiroler Landſturmleute und Standſhüßen, die Abhänge, die zum Aslicotale ſteil abfallen, beſeßt hielt, vereitelte den Überfall und fügte den Jtalienern ſ{<hwere Verluſte zu. Hinter Felsblö>en gede>t, hatten öſterreichiſche Vorpoſten den anrü>enden Feind beobachtet, ſo daß man Zeit hatte, ſih zum Kampf vorzubereiten. Jeder Mann lag