Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

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rührte, und ſeßte ſih ohne weitere Umſtände zu uns. Sofort erhob ſih an allen Tiſhen ein lebhaftes Geflüſter. „Erfenen Sie ihn?“ fragte mih ein junger Serbe, den ich als Journaliſt in Paris kennen gelernt hatte. — „Nie geſehen !“„Iſt au etwas ſehr Seltenes, den Mann zu treffen. Er ſte>t mit ſeinen Komitadſhi immer oben auf den Bergen, bald im Norden, bald im Süden Serbiens, immer gegen=wärtig und nie zu finden. Tankowitſch iſt das, der berühmte Major Tankowit\<, einer dex volfstümlihſten Männer von ganz Serbien, über den zahlloſe Legenden umlaufen. Das Volk nennt ihn geradezu den General und Woiwoden der Komitadſchis. Das iſt jener Tankowitſch, von dem Öſterrei = Ungarn behauptet, daß er die Ermordung des Erzherzogs in Serajewo îns Werk ſegte und deſſen Ausſtoßung aus dem Heere und Auslieferung es demgemäß forderte. Wiſſen Sie, wie man ihn bei uns nennt? Den Mann, der den Weltkrieg entfeſſelt hat. Proſit!“ — Der Mann, dex den Weltfrieg entfeſſelt hat: das iſt nihts Geringes! Jh betrahte ihn mit

größerer Aufmerkſamkeit, wie ex in einer Haltung, als

wolle er jeden Augenbli> beim erſten Zeihen in die Höhe ſpringen, am Tiſh

Flluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

Das autogene Schneiden im Kriege. (Hierzu das untenſtehende Bild.) -

Das autogene Schneiden, beſſer als „Sauerſtof{\{<melz\<hneiden“ zu bezeihnen, ſpielt au< in dieſem Kriege, der ja faſt alle Zweige der Technik zu ihren Höchſtleiſtungen aufruft, eine weſentlihe Rolle. Unſere Abbildung zeigt uns einen Offizier beſchäftigt, mittels dieſes Verfahrens den eiſernen Träger einer Brücke zu dur<ſ<hneiden, ſei es behufs Zerſtörung dieſes Bauwerks, ſei es zwe>s Wegräumung ſeiner Trümmer. Er bedient ſi<h dazu der Knallgasflamme, deren Beſtandteile, Waſſerſtoff und Sauerſtoff, dur<h S<hläuche dem tragbaren Brenner zu=geführt werden. :

Knallgas iſt ein Gemiſh von zwei Teilen Waſſerſtoff und einem Teil Sauerſtoff, es explodiert unter Bildung von Waſſerdampf und Entwi>klung großer Hite (bis 2000 Grad Celſius). Die Exploſion muß beim ſogenannten autogenen Schneiden verhindert werden. Zu dieſem Zwe> haï man für die Verbrennung des Gemiſches beſondere Verbrennungs=-

: “ röhren gebaut, die

ſit. Er ſieht aus, als Tebe er in be=ſtändiger Unruhe, die ihm ſelbſt niht eine furzge Muße= ſtunde gönnt. Phantaſtiſche Dinge bekomme ih über ihn zu hören. Er iſt ein wahrer Abenteurer, der ſein Leben mit der= ſelben falten Gleichgültigkeit aufs Spiel ſett, mit der ein [eidenſhaftliher Spieler ſein ganzes Ver=mögen auf den grünen Tiſch wirſt. Er iſt fünſunddrei=ßig Jahre alt und lebt inmitten der Gefahren, ſeitdem er fünfzehn wurde. Als Mazedonien und Albanien der Türkei gehörten, machte er die Be=hörden in Konſtan-

ſo eingerichtet ſind,

daß die Vermiſhung der beiden getrennt zu=geführten Gaſe erſt unmittelbar vor dem Eintritt der - Flamme ſtattfin= det; dadur< wird die Bildung größe= rex Mengen von Knallgas und ihre ExploſionsmöglihÉeit verhindert, Der Flamme aber ihre Hite erhalten und ihre Wirkung dur< einenÜberſ<hußvon Sauerſtoff noh geſteigert. Richtet man dieſe Knallgasflamme auſ er DUNES Eiſenblech, ſo ſteigt ſeine Temperatur an der dur<h die Flamme getroſfe= nen Stelle von Rotglut auf Weißglut DUG die Hißbe der Knallgas=

tinopel halb ver=rüdt. Eine Prämie wurde auf ſeinen Kopf geſeßt, aber geholt hat ſie ſih keiner. Dann brachte er den Gouverneur von Bosnien zur Verzweiflung. Sein Bataillon Komitadſchi iſt ein wahres Todesbataillon. Zu Beginn dieſes Krieges hatte er a<hthundert Mann, jeßt nux ahtzig; alle anderen haben ihr Leben gelaſſen. Die waghalſigſten Unter=nehmungen erhielt immer das Bataillon des Tankowitſch. Ihm darf nur der Korpskommandeur befehlen, und wenn ihm niht die unwahxrſcheinlihſten Dinge aufgetragen werden, ſucht ex ſih ſeine Abenteuer auf eigene Fauſt. Und bei all dieſen Gefahren iſt ex niht ein einziges Mal ver-= wundet worden. Nicht einmal die Haut iſt ihm gerißt worden. Seine Leute ſind überzeugt, daß er unverwundbar iſt. Jh ſpreche mit ihm und laſſe mix einige ſeiner ſ<hwindelerregenden Waſfentaten erzählen. Wie ih ihn über die Zukunft befrage, ſpringt er auf ein anderes Thema über. Plößlih erhebt ex ſich, rührt leiht an die Müße und iſt ſhon am Ausgang. „Wohin ſo ſ<hnell?“ fragen ihn die Offiziere. „Dorthin!“ und er macht eine unbeſtimmte Bewegung mit der Hand. Schon iſt er mit ſeinem theatraliſhen Schritt hinausgeſ<hwebt. Draußen auf der Straße bleiben alle, die ihn ſehen, überraſcht ſtehen und machen einander auf ihn aufmerkſam. „Dorthin?“ Wohin? Aber wer hat je gewußt, wohin Tankowitſch, der Woiwode der Komitadſchi, geht? Man erfährt es immer erſt nachher, wenn er getan hat, was ex tun ſollte.

Ein deutſcher Offizier durchſchneidet einen Träger der Pilicabrücfe mit einem autogenen E Sauerſtoffgebläſe. :

Phot, Eiko-Film G. m. b, H., Berlin, flamme Wird die Entzündungstem=peratux des Metalls an der Shneideſtelle erreiht, worauf das Eiſen infolge des Sauerſtoffüberſhuſſes unter Funkenſprühen verbrennt. Hält man die Flamme auf eine Stelle gerihtet, ſo entſteht ein freisrundes Loh im Eiſen, dur< Weiterbewegen des Apparates kommt ein Schnitt zuſtande. y

Der eigentlihe Erfinder des autogenen Schneidens iſt ein Einbre<her namens Browne, der 1890 mit einer Knall= gasflamme, bei deren Erzeugung unter Dru> ſtehender Sauerſtoff zur Verfügung ſtand, verſuchte, ein Loch in einen Geldſ<hrank zu brennen. Jeßt findet das autogene Schneiden niht nux zum Durchſchneiden von Metall, ſondern au zum Durhlochen, Ausſhneiden und Schlißen Verwendung. Die Arbeit wird dur das autogene Schneiden ſehr erleihtert und beſhleunigt. In eine gebogene Panzexplatte von 200 Millimeter Dice wird ein Shauloch von 1,2 Meter Länge vom Apparat in fünf bis ſehs Stunden ohne weſentlihe Anſtrengung für den Arbeiter geſchnitten, ſonſt iſt das Zehnfache der Zeit erforderlich. Eiſenſtüce bis zu 500 Millimeter Dice und darüber können durhſhnitten werden.

So dient der Apparat im Frieden z. B. dazu, bei Eiſenbahnunfällen verbogene Eiſenſtü>e ſhwerſter Dimenſion zu ſhneiden und dadurch die Rettung darunter befind=licher Verunglü>ter zu ermöglichen, während ex im Kriege in der Hand unſerer Pioniere ein unentbehxlihes Kriegsmittel geworden iſt. i