Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

„Präſentirt das Gewehr!“ Die Ordensritter begrüßten die Gäſte mit dreimaligem Hurrah. Während ſi< die mit dem Georgs-Kreuze geſ<hmiü>ten Unteroffiziere und Soldaten an den in dem unteren Gange für ſie gede>ten Tafeln zu Tiſche ſetzten, gingen die Offiziere in den Weißen Saal zurü> und die übrigen Truppen wurden entlaſſen. Als die Unteroffiziere und Soldaten ihre Plätze bei Tiſche eingenommen hatten, ſtieg der Kaiſer mit ſeinen Gäſten und der Suite zu ihnen herab, ergriff ein Glas Wein und brachte die Geſundheit der Ordensritter aus, worauf Großfürſt Conſtantin das Wohl des Kaiſers ausbrachte. Bei den Toaſten folgte der einmüthige herzliche Hurrah-Ruf der Verſammelten. Als es wieder till geworden, befahl der Kaiſer Allen, ſi< zu ſeßen, ging ſelbſt zwiſchen den

Tiſchen hin und her und ſpra< mit vielen der -

Greiſe.

Um halb ſe<8s Uhr fand im Nicolai-Saale das Gala-Diner ſtatt, zu welhem alle Ritter des Georgs-Ordens und alle Junhaber goldener Ehrenwaſffen eingeladen waren. Erzherzog Albrecht ſaß bei der Tafel ‘zur Rechten, Prinz Karl zur Linken des Kaiſers. Beim Bankette brachte der Kaiſer folgenden Toaſt aus:

„Jh trinke auf die Geſundheit Meiner Freunde und Verbündeten: des Kaiſers Wilhelm, als Ritter des Großkreuzes des St. Georgs-Ordens ; deſſen Kleinkreuz ſeine Bruſt {on ſeit 1814 ſ{<mü>t, — und des Kaiſers Franz Foſef, den wir mit Stolz ſeit mehr als ſe<s8undzwanzig Jahren ebenfalls zu den Rittern Unſeres Militär-Ordens zählen. Jh bin glü>li, bei dieſer Gelegenheit beſtätigen zu können, daß die innige Allianz zwiſchen Unſeren drei Reichen und Unſeren drei Armeen, gegründet von Unſeren erlauhten Borfahren zur Vertheidigung derſelben Sache unverſehrt zu dieſer Stunde beſteht und nur die Erhaltung der Ruhe und des Friedens in Europa zum Zwecke hat. Jh habe volles Vertrauen, daß Unſere gemeinſamen Bemühungen. mit Hilfe Gottes den friedlichen Zwe erreichen werden, den wir vor Augen haben, den ganz Europa wünſcht und deſſen alle Staaten bedürfen. Möge Gott die Majeſtäten zum Glü>ke ihrer Völker erhalten!“

Erherzog Albrecht dankte mit folgenden Worten:

„Geſtatten Sie mir, Sire, Eure Majeſtät für die wohlwollenden Worte zu danken, welche Sie ſoeben ausgeſprochen; JFhnen zu danken im Namen der beiden Souveraine, FJhrer erhabenen Verbündeten, wel<he vollſtändig und tiefinnerſt die von Euer Majeſtät ausgeſprochenen Geſinnungen theilen, und Sie als Maria ThereſienRitter im Namen der öſterreichiſhen Armee zu begrüßen, die ſtolz darauf iſt, Euer Majeſtät ſeit

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ſiebenunddreißig Jahren in ihren Reihen zu zählen. Geruhen Euer Majeſtät zu geſtatten, daß Allerhöchſtihr militäriſher St. Georgs - Orden im Namen aller Ritter, ſowohl der anweſenden als der abweſenden, Jhnen dur< meinen Mund ſeine erfurhtsvollen Glückwünſche zu dem fünfundzwanzigſten Fahrestage der dur< eine glänzende Waffenthat errungenen Aufnahme Eurer Majeſtät in dieſen ruhmreichen Orden darbringe. — Uns den allgemeinen Wünſchen und Gebeten für die Erhaltung JFhres koſtbaren Lebens anſchließend, wünſchen wir Alle ſehnlih, daß na< einem anderen Vierteljahrhunderte Eure Majeſtät dieſes \{<öne Feſt unter eben ſo glücklihen Vorbedeutungen möge feiern können, wie heute. Auf die Geſundheit Seiner Majeſtät des Kaiſers, Jhrer Majeſtät der Kaiſerin, der erlauchten kaiſerlihen Familie! Auf die tapfere ruſſiſhe Armee !“

Darauf erhob Kaiſer Alexander no<hmals das Glas und ſprach:

„Auf die Geſundheit Seiner kaiſerlichen und föniglihen Hoheit des Herrn Erzherzogs Albrecht und ſeiner königlichen Hoheit des Prinzen Karl von Preußen, die wir bei Uns zu ſehen fo glü>lich find, und auf die Geſundheit aller St. GeorgsRitter Unſerer drei braven Armeen!"

An den Toaſt des Czaren knüpften Politiker die Erläuterung, daß in demſelben der bündigſte Widerſpru<h der Meldungen vom Zerfalle des Drei-Kaiſer-Bündniſſes liege; aus dem ferneren Umſtande, - daß gerade Erzherzog Alb recht den Toaſt des Czaren im Namen des öſterreichiſchen ſowohl als des preußiſhen Monarchen beantwortet hatte, erſah man die Unwahrheit jener Behauptungen, welche den Sieger von Cuſtozza als einen Gegner der öſterreichiſh-preußiſhen Fnnigkeit darſtellten, Andere wollten aus dem Toaſte des Czaren das Wiederaufleben der ſogenannten „Heiligen Allianz“ — jenes zwiſchen den Kaiſern Alexander I. von Rußland, Kaiſer Franz I. von Oeſterrei<h und König Friedri<h Wilhelm II. von Preußen zu Paris dur< Acte vom 26. September 1815 geſchloſſenen RegentenBundes, dem alle anderen criſtlihen Monarchen mit Ausnahme des Papſtes und des Prinz-Regenten von England beitraten, und welcher in der Reſtaurations-Periode die Handhabe der gemeinſamen Einmiſchungs-Politik gegen conſtitutionelle Beſtrebungen bildete — herausgeleſen haben, was ſ{<werli< im Sinne Bis8mar>'s und A ndraſſy's gelegen ſein mochte.

Was die Decorirung des Kaiſers von Rußland mit dem Maria Thereſien - Orden betrifft, war ſelbe ein Beweis für die perſönliche Werthſhäßung des Czaren in der Wiener Hofburg und erhielt ihre Erläuterung durch die Toaſte, welche beim Georgs8feſte gewe<ſelt wurden. Der Maria Thereſien-Orden iſt bekauntli<h der höchſte militäriſche Orden in Oeſterreich, der ſehr ſelten ver-