Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

bei geringer Civiliſation von einem ganz uncivili-

ſirten beherrſcht wurde, mußte vor Jedermanns Augen den Aufſtand in Bosnien und in der Herzegowina als die natürliche Couſequenz fruchtloſer Angſtrufe der Gefolterten an die Culturſtaaten Europas, als das Ringen nah Befreiung von einer unmenſhli<en Bedrückung der Judividualität, des Bolksbewußtſeins und der Menſch- * lihkeit erſcheinen laſſen.

Die Erfolge dex Aufſtändiſchen in Bosnien konnten natürlih anfänglih nur geringe ſein. Am 17. Auguſt kam es vor Koſtajuitza zu einem Gefechte mit einer Schaar von circa 30 Türken, die ſi ſchließli<h mit einem Verluſte von 7 Todten und Berwundeten zurü>zog. Die Aufſtändiſchen umzingelten Koſtajnißa und eine Abtheilung derſelben beſeßte die Unnabrü>e, um die Flucht der Chriſten zu erleihtern. Dieſe Leßteren flüchteten zahlreih mit großen Viehheerden über die Unna auf öſterreichiſches Gebiet ; auh türkfiſhe Familien verließen die Stadt und Umgebung. — Die Türken verſuchten im Namen Osman Paſchas mit den Empörern zu parlamentiren, dieſe jedo<h wieſen alle Anträge zurü> und griffen no< in der Nacht eine türkiſhe Schaar an, der ſie drei Mann tödteten.

Auch bei Kobas begann der Kampf mit. der Einnahme und“ Niederbrennung des türkiſchen Wachthauſes, und in dem Fle>en Berbir kam es zum Gefechte, das die meiſten Häuſer in Flammen aufgehen mate.

Wie es bei Völkern minderen Culturzuſtandes häufig vorkommt, ſo hatte auh hier ein ganz eigenthümliher Grund dazu beigetragen, daß die bo8niſche Bewegung ſo plöblih an Stärke gewann. Eine alte Profezeiung war es nämlich, welche die Gemüther dort ſo entflammte. Die Profezeiung lautete, daß im’ fünften Jahrhundert nah der Gefangennehmung des leßten bosniſchen Königs dur<h die Türken die Erhebung der chriſtlihen Slaven in der Türkei ſiegreih ſein werde. Sobald vierhundert Fahre ſeit der Hinrichtung des bosniſhen Königs Stefan Tomaſewitſ\< um ſeien, dürfe man mit Ausſicht auf Erfolg den Kampf gegen die Ungläubigen aufnehmen. StefanTomaſewitſ< wurde aber am 30. Funi 1463 auf der Ebene von Blagaj hingerichtet, und ſeit 1863 hoffen die Rajahs täglih auf Erlöſung. Man machte darauf aufmerkſam, daß die Be-

wegung am 30. Funi, am Fahrestage dex

Maſſacrirung des letzten bosniſh-herzegowiniſ<hen Königs ihren Anfang nahm.

Auch die Tage des 19. und 20. Auguſt waren ungliü>li< für die Türken, die am erſteren bei Jablanißa, am leßteren bei Marſiß zurügeſchlagen wurden. Das türkiſhe Dorf Mrahowo mußte ſih den Jnſurgenten gleichfalls ergeben,

Dieſe kleinen Erfolge, ſowie die Nachrichten aus Montenegro und der Herzegowina, der

in Välde erhoffte Eintritt Serbiens in die Action, ermuthigten die Aufſtändiſchen, denen auh der gänzliche Mangel regulären türkiſchen Militärs, das ſämmtlih nah der Herzegowina gezogen worden war, zugute kam. |

Bon Montenegro hieß es, daß deſſen Losbru< jeden Augenbli> zu erwarten ſei. Eine kleine Armee von etwa 5000 Montenegrinern wäre bereits an die Grenze gerü>t und habe dort einſtweilen ein Lager aufgeſchlagen, während im Funern des Landes weitere Corps formirt würden. Die Bevölkerung ſei aufgefordert worden, ſih bereit zu halten, und es ſolle fi< Niemand von ſeinem Wohnhauſe entfernen. Ein Fnſurgententrupp habe in der Suttorina die Fahne aufgehißt und feſte Stellung genommen. Fn Albanien ſei der Aufſtand im - Wachſen, wie Nachrichten über Montenegro meldeten. Das lebte Schiff von Trieſt habe abermals ſe<hzig Freiwillige nach Zara gebracht, die na<h der Herzegowina zogen. Aus dem Narenta-Thale berichtete man von einer Miſſion des katholiſchen Biſchofs zu den aufſtändiſ<hen Herzegowinern, der auf Veranlaſſung der türkiſhen Behörden alle Ueberredungskünſte in Anweñdung gebracht habe, um die Leute zu bewegen, die Waffen niederzulegen und dem Padiſhah Gehorſam zu {wören, wofür er ihnen die glänzendſten Verſprehungen machte. Allein die Bauern hätten den kaiſerlihen Ferman zu ſehen verlangt, der alle die Verſprehungen garantirte,

„und den Biſchof, der ſi< mit keinem folhen aus-

weiſen fonnte, Weite zu ſuchen. i Alle dieſe Nachrichten erhöhten die Zuverſicht der bosniſhen Fnſurgenten, welhe nun auch die wichtige Poſition bei Kerſtaß und andere kleine Forts, nachdem ſie ſi< bei Gabßko in den Beſiß von Waffen und Munition geſetzt hatten, beſeßten. Am 22. Auguſt zogen die Jnſurgenten unter Führung von P eko Pawlowit\< und Gregorio Milieſawitſ< (dem ein Sohn getödtet worden) in Dabar ein und requirirten Vieh und Habſeligkeiten. — Am 20. Auguſt hatten ſie eine Bewegung von Dahar nah Zizewo gemacht. Zwiſchen Trajnila und Glaviba entſpann ſich ein erbitterter Kampf, in dem wieder die Türken unterlagen.

Die Diplomatie war indeſſen niht unthätig geblieben und die Botſchafter Oeſterreichs, Deutſchlands, Rußlands, Ftaliens, Englands und Fraukreihs machten bei der Pforte einen vereinbarten Schritt, in der Abſicht, die Entſendung eines mit Vollmachten verſehenen Commiſſärs anzurathen, der die Beſchwerden der FJnſurgenten in der Herzegowina zu prüfen und nöthigenfalls denſelben abzuhelfen habe. Gleichzeitig hatten die genannten Vertreter der Mäqhte die Pforte benachrihtigt, daß ihre reſpectiven Conſuln inſtruirt wurden, mit allen Mitteln den Juſurgenten

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