Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht
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den, wie wir ſie in der Nahia Katunska und namentlih auf der Höhe von Nieguſchi gefunden hatten.
Während des Hinabſteigens überſahen wir ein weites Terrain, und=ih konnte mich recht deutli davon Überzeugen, wie ſchwierig dur<h einen Krieg die Montenegriner“ beſiegt werden können. Wer nicht ganz ſpeciell mit den unzähligen Abgründen, an denen die unwegſamſten, ja die gefährlichſten Pfade vorbeiführen, vertraut iſt, muß den Kürzern ziehen. Manche Haufen von Steinblöken liegen am Abhange der Berge bisweilen ſchon wie zu einer natürlichen Schanze formirt neben einander, und hinter oder unter denſelben giebt es unzählige Schlupfwinkel, in denen der Angreifende nie ſeinen Feind ahnen wird. Dabei denke man an die Kühnheit und Verwegenheit des Montenegriners neben ſeiner Behendigkeit, mit der er über die ſ{hwebenden Blö>ke und loſen Steine, wie ein Vogel, kaum ſie berührend, dahin fliegt, und man möchte glauben, die Freiheit Montenegros könnte durch äußere Gewalt nimmer untergehen.
In Bercelle las, als wir eintrafen, unſer Wirth in der Kapelle gerade die Meſſe. Aber auch ohne ihn waren wir nicht ohne Unterhalt, denn nah wenigen Minuten hinkten theils wieder ein Dußend Patienten meine Treppe hinauf, theils erſchienen in meinem Zimmer noh niht geſehene, oder auh ſchon bekannte Montenegriner von Stande zum Beſuche. Meine botaniſchen Geſchäfte zwangen mich diesmal mich überall furz zu faſſen, ‘und die aufopfernde Beihülfe meines Petrarka, erleichterte mir wiederum die Löſung meiner Aufgabe dergeſtalt, daß ich ihm ſeines unverdroſſenen und umſichtigen Beiſtandes wegen, wie auf der ganzen Reiſe, ſo namentlih heute Abend mich recht danfbar verpflichtet fühlte. Bald war auh unſer zuvorkommende Wirth wieder da, und that ſein Möglichſles einen zu großen Zudrang des Volkes abzuhaltenz ja ſpäter entfernte er auf meine Bitten, daß es mir vergönnt ſei, heute früher zur Ruhe zu gehen, alle Anweſenden. Vorher jedoch hatte er mir noch ‘eine beſondere Ueberraſchung aufbehalten, indem er einen montenegriniſchen Sänger mit ſeiner Gusli einführte. Lebere iſt ein bei den Montenegrinern, Serben und andern ſlaviſchen Nationen ſehr gebräuchliches, einer Zitther eher, als einer Violine ähnliches kleines Saiteninſtrument, welches mit einer Saite von