Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
256 Mannigfaltiges.
Herr des Hauſes bemerkt hatte, er glaube, daß Schubart wohl auch ein dergleichen Beiſpiel aufzuſtellen vermöchte, ſo machte ſich Letterer anheiſhig: Er wolle zu gleicher Zeit ein deutſches Lied verfertigen, es in Muſik ſeven, einen Brief diftiren und mit einem dex Anweſenden über einen literariſ<hen Gegenſtand reden. Dex Vorſchlag erregte allgemeine Aufmerkſamkeit und verſchiedene Wetten wurden darauf eingegangen. Als der Gegenſtand des Briefes und der Unterhaltung verabredet war, ging Schubart eine Weile an's Fenſter, ſete ſih ſodann — und der Kampf begann. Er ſchrieb Text und Noten eines gejellſchaſtlichen Liedes zugleich nieder, diftirte einen drei Seiten langen Brief ohne Anſtoß und verkehrte mit einem Gelehrten über ein neu erſchienenes Buch mit ſeiner gewöhnlichen Wärme. Die Operation dauerte über eine halbe Stunde: dann las er ſelbſt den Brief vor, ſpielte und ſang ſein Led und erregte das Erſtaunen aller Anweſenden. Aehnliche Verſuche hatte er ſchon als Kandidat und während ſeines Predigtamts angeſtellt, wo auf ihn gewettet worden war, daß er eine rührende Predigt über einen Text halten würde, der ihm beim vorleßten Vers der Gemeinde (alſo furz bevor er die Kanzel beſtieg) gegeben werden ſollte. Doch kamen dieſe und ähnliche Proben in keinen Betracht mit der obigen.“ il.
Herausgegeben, gedru>i und verlegt von Hermann Schönlein in Stuttgart.