Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
Hiſtoriſcher Roman von E. H. v. Dedenroth. 49
er niht gegen die Mutter auftritt, ſondern gegen eine Frau, die ihren Sohn lieber verleugnen, als der Krone entſagen würde.“
Hafo ſchüttelte den Kopf. „Glaubte ih,“ ſagte ex, „daß jenes hohe ſtolze Weib, das neben dem Schattenkönige in der Meſſe ihre Knice vor dem Gekreuzigten beugte, meine Mutter ſein fönne, hätte es mir Niels Torſten oder die greiſe Seherin mit klaren Worten geſagt: es iſ Deine Mutter, die Du in Lübe> ſehen ſollſt, fo ginge ih zu ihr und ſpräche: „F< will nichts von Dir als Deine Liebe, ih würde mi<h aber lieber in's Meer ſtürzen, -als die Waffen erheben gegen meine Mutter. So aber hat man mix feine Gewißheit gegeben, und mir iſt es faſt ſcichter um's Herz, das Näthſel in der Bruſt zu tragen, ob meine Mutter todt oder ein Weib iſt, das mich verleugnet, als in ihr die Königin zu ſehen, die mein Vaterland ins däniſche Zoch gezwungen hat. Redet nicht mehr zu mix von dieſen Dingen, Gebhard, und Euch, holde Jungfrau, bitte ih, laſſet Euch dur< die Worte Eures Bruders nicht beirren, fragt Euer Herz und es wird mir beiſtimmen, daß ih frevle, wenn ih anders handle.“
„hr ſrevelt gegen Euch ſelber!“ rief Gebhard, dex Schweſter zuvorkommend. „Jh ſage Euch, daß die Kö-= nigin Margaretha in Euch ihren Sohn nicht erkennen fann, wenn Euer Herz ohne Ehrgeiz iſt, wenn Fhr das Blut verleugnet, deſſen Stempel Euer Antliß trägt. Der Sohn von- Königen muß als Sieger vor die Mutter treten, die in ihm das e<te Blut ihres Gatten erkennen ſoll, niht als Bettler. Das wollte au< Euer Pflegevater,
Bibliothek, Jahrg. 1886. Bd. VL, 4