Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

514 Siebente Dronung: Nager; fünfte Familie: Mäuſe.

geringere Größe und ihren langgeſtre>ten Kopf. Was ſie aber beſonders auszeihnet, das iſt die angeborene Gewohnheit, mit raſender Schnelligkeit in größeren und kleineren Kreiſen herumzulaufen, meiſtens aber auf einem Fle>e mit unglaublicher Geſchwindigkeit herumzuwirbeln. Häufig geſellen ſih zwei, ſeltener drei Mäuſe zu ſolhem Tanze, der gewöhnlich in der Dämmerung beginnt und während der Nacht von Zeit zu Zeit wieder aufgenommen wird, zuſammen, meiſtens wird er aber einzeln aufgeführt, und die unermüdlichen Tänzer ſäubern durch ihre Bewegungen den Boden ihres Behälters an manchen Stellen vollſtändig von der diden Schicht Sägeſpäne, welche ihn bede>t. Auch beim gewöhnlichen Umherlaufen offenbart die Tanzmaus ihre lebhafte Gemütsverfaſſung. Sie wendet ſi< blizſ{<nell und anſcheinend zwe>los hin und her und ſ{<hnuppert fortwährend in der Luft herum. Ein Tierhändler, mit welchem ih mi<h über die Tanzmäuſe unterhielt, ſuchte ſi<, wahrſcheinli<h Gehörtem folgend, die erbliche Kreiſelſuht der Tiere auf ſeine Weiſe zu erklären. Er behauptete, die Tanzmäuſe kämen aus Peru und legten ihr Neſt in den gefüllten Kapſeln der Baummwollſtaude an, die ſie dur die Kreiſelbewegungen wohnlih herrihteten; man hört die Tanzmaus dem entſprehend au< als Baumwollmaus bezeihnen. Jedenfalls ſtammt ſie aber, gleih der Klettermaus, aus Japan oder China, wenn es mir auch niht gelungen iſt, darüber ſichere Auskunft zu erhalten. Fn Büchern und Zeitſchriften habe ih nichts über die Hiermäuſe der Chineſen und Japaner finden können.“

Dex ſ<hlimmſte aller Feinde der Hausmaus iſt und bleibt die Kaze. Fn alten Gebäuden hilft ihr die Eule treulih mit, und auf dem Lande leiſten Fltis und Wieſel Jgel und Spißmaus gute Dienſte, beſſere jedenfalls als Fallen aller Art.

Wald- und Brandmaus teilen die meiſten Eigenſchaften der Hausmaus. Erſigenannte iſt, etwa mit Ausnahme der hochnordiſhen Gegenden, durh ganz Europa und Mittelaſien verbreitet und ſteigt im Gebirge bis zu 2000 m über das Meer empor. Sie lebt in Wäldern, an Waldrändern, in Gärten, ſeltener au in weiten, baumleeren Feldern und kommt im Winter gern in Häuſer, Keller und Speiſekammern, ſteigt aber baldmöglihſt nah oben hinauf und treibt ſih in Bodenkammern und unter den Dächern umher. Fn ihren Bewegungen iſt ſie mindeſtens ebenſo gewandt wie die HauSmaus, unterſcheidet ſich jedoch dadur von ihr, daß ſie meiſt in Bogenſprüngen dahinhüpft, nah Art der Springmäuſe mehrere Säße nacheinander ma<ht und exſt dann ein wenig ruht. Nah Raddes Beobachtungen ſcheint der Geſichtsfinn niht beſonders entwi>elt zu ſein; denn man kann ſich ihr, vorſichtig vorwärts ſchreitend, bis auf etwa 60 cm nahen und ſie ohne beſondere Mühe töten. Jm Freien frißt ſie Kerbtiere und Würmer, ſelbſt kleine Vögel, oder Obſt, Kirſchkerne, Nüſſe, Eicheln, Bucheln und in der Not wohl auch die Rinde junger Bäume. Sie trägt ih ebenfalls einen Wintervorrat ein, hält aber keinen Winterſchlaf und naſcht bloß an trüben Tagen von ihren aufgeſpeicherten Shäßen. „Als wir unſere Wohnung im Bureja-Gebirge vollendet hatten“ erzählt Nadde, „ſtellte ſi<h die Waldmaus für den Winter in großer Anzahl bei uns ein und ſpielte uns manchen Streich, indem ſie ſelbſt die Tiſche beſuchte und Unfug auf ihnen trieb. Sie vermied die gelegten, vergifteten Talgpillen und hielt ſi am meiſten zu den Buhweizenvorräten in unſerem Speicher; auh war ſie es, welche die Erbſen verſchleppte und ſih davon ſtarke Vorräte anlegte. Am Tage wurde ſie nie angetroffen, in der Dämmerungsſtunde aber war ſie ſehr lebhaft und ungemein dreiſt.“ Auch bei uns zu Lande bringt ſie im Hauſe oft empfindlihen Schaden und hat ganz eigene Gelüſte: ſo dringt ſie nachts in Käfige, tötet Kanarienvögel, Lerchen, Finken. Häufchen von Leckerbiſſen, welche ſie niht gut wegſ{hleppen kann, bede>t ſie mit Halmen, Papierſtü>chen und dergleichen. Von ihrem guten Geſhma>e erzählt Lenz ein hübſches Beiſpiel. Eine ſeiner Schweſtern hörte abends im Keller ein eigenes, ſingendes Piepen, ſuchte mit der Laterne und