Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Mara: Vorkommen. Gebaren. Geſelligkeit. 581

wenigſtens die Männchen in der Nähe der Weibchen. Gewöhnlich erheben ſi beide zugleich und laufen miteinander weg. Oft habe ih in der Nacht die unangenehme, ſcharfe Stimme vernommen, welche ungefähr wie „oovi“ klingt; wenn man es gefangen hat und in der Hand hält, ſchreit es ebenſo. Die Barbaren und unſere gemeinen Leute eſſen ſein weiches Fleiſch, achten es aber viel weniger als das der Gürteltiere. Auch ſoll es einen ganz verſchiedenen Geſhma> von dem unſeres europäiſchen Haſen haben. Jh habe vernommen, daß es ſeine Wohnungen in den Löchern der Viscacha anlegt, und daß es, wenn es bedroht wird, in dieſe flüchtet. Doch alle diejenigen, welche ih verfolgte, ſuhten immer ihr Heil in den Füßen, obgleih es in der Nähe einige Löcher der Viscacha gab. Niemals fand ich es in ſeinem Lager, ſondern immer aufrecht ſtehend nah Art der Hirſche oder Rehe, und gewöhnlih ergriff es augenbli>lih die Flucht und lief ein gutes Stü fort. Fung eingefangene werden oft zahm gehalten, verlaſſen das Haus und kehren zurü>, gehen auf die Weide und freſſen von allem. Ein Freund ſchi>te mir zwei, welche ex in ſeinem Hauſe großgezogen hatte. Sie waren außerordentlich zahm und nett; leider aber wurden ſie mix, als ſie mein Haus verließen, von den Straßenhunden totgebiſſen.“

Später machte Darwin Genaueres über das merkwürdige Tier bekannt. Von ihm erfahren wix, daß die Mara nah Norden nicht über den 37. Grad ſüdlicher Breite hinausgeht. Die ſteinige und waſſerarme Wüſte Patagoniens iſt ihre Heimat. Dort, wo die Sierra Talpaquen dieſe Wüſte begrenzt, der Boden feuchter und pflanzenreicher zu werden beginnt, verſhwindet ſie gänzlih. Nah Weſten hin reicht ſie bis in die Nähe von Mendoza und ſomit ſogar bis zum 33. Grad ſüdlicher Breite; es iſt au< mögli, daß ſie ſogar noh in der Umgegend von Cordova in Argentinien vorkommt. Noch vor ein paar Jahrhunderten war ſie viel gemeiner als gegenwärtig, wo ſie nur in Gegenden noh häufig iſt, in welchen ſie die Unwirtlichkeit des Landes am meiſten {hüßt. Ungeachtet dieſer Häufigkeit hält es niht gerade leiht, das Tier zu erlangen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil man es ziemlih ſ{<wer zu ſchen bekommt. Entweder liegt es in ſeiner Höhle verborgen oder hat ſi< platt auf die Erde gedrü>t und wird dann dur ſein e<ht erdfarbiges Kleid den Blicken leiht entzogen. Dazu kommt noch ſeine Scheu und Furc<htſamkeit. Die Mara ergreift bei der geringſten Gefahr ſofort die Flucht. Dabei folgt die Geſellſchaft, welche ſih gerade bei einander befindet, einem Leittiere in furzen, aber ununterbrohenen Säßen und ohne von der geraden Linie abzuweichen. Alte Reiſebeſchreiber erzählen, daß die Mara ausſ<ließli<h Löcher bewohne, welche die Viscacha gegraben, falls niht ſchon ein anderes Erdtier den Bau in Beſchlag genommen habe; Darwin aber glaubt, daß ſie ſih eigene Höhlen grabe. An dieſen ſcheint ſie jedo<h niht mit Zähigkeit zu hängen. Darwin ſah ſie mehrmals in ſigender Stellung vor ihrem Baue, erfuhr jedoch, daß ſie, ganz gegen die Gewohnheit der Nager und anderer Höhlentiere, häufig von ihrem Wohnorte ſich entferne und in Geſellſchaft mit anderen meilenweit umherſtreife, ohne gerade regelmäßig nah ihrem Baue zurüczukehren. Sie iſt ein vollſtändiges Tagtier, obwohl ſie während der Mittagshize ihren Bau aufſu<ht. Fhre Nahrung beſteht in Pflanzen, deren Wurzeln und Rinden, jedenfalls in Stoffen, welche andere Säugetiere verſhmähen. Fn manchen Gegenden Patagoniens, wo auf dem kieſigen Boden nur wenig dürre und dornige Büſche ein erbärmliches Daſein friſten können, iſt ſie das einzige lebende Tier, welches man bemerkt. Über die Fortpflanzung weiß man nur, daß das Weibchen zweimal im Jahre zwei Junge wirft.

n der nächſten Nähe von Mendoza kommt die Mara, laut Göring, nur noh ſehr ſelten vor, öfter bemerkt man ſie weiter im Süden. Am häufigſten findet ſie ſich in Einöden, welche niht vollkommene Wüſten, ſondern buſchreih ſind. Hier ſieht man ſie in Geſellſchaften von 4—8, zuweilen aber auch in Herden von 30—40 Stück, Die nämlichen Gegenden bewohnt mit ihr ein ſehr ſhöner Regenpfeifer, von den Leuten dort Martinette