Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Hausrotſ<hwanz: Wohngebiet. Einwanderung. Weſen. 59

Fahrhunderten von Straßburg; nah Landois (1885) iſ er erſt in neuerer Zeit in Weſtfalen heimiſ< geworden; in Oldenburg wanderte er 1820 ein und iſt jezt auch auf der Fnſel Sylt häufig, während er daſelbſt Ende der fünfziger Jahre ſehr ſelten brütete. Um dieſe Zeit wurde er auch einigèmal im ſüdlihen Schweden bemerkt und-geſchoſſen. Fn England wurde, ſoviel bekannt, das erſte Stü>, laut MGillivray, im Jahre 1829 bei London erlegt, und zwei andere im folgenden Fahre bei Briſtol und Brighton; aber noh zu Anfang der fünfziger Jahre war der Vogel, nah Mudins Angabe, in England bloß als ein Frrling zu beirahten. „Fm Oſten vòón Deutſchland“, ſagt W. Marſhall weiter, „findet ſich das Tierchen in Oberungarn brütend, 1879 iſt es häufig bei Wien; 1870 wird von ihm geſagt, daß es, wahrſcheinlih der Elblinie folgend, häufiger und häufiger in Böhmen werde, und ſchon vor 30 Jahren wird es ein nicht ſeltener Bewohner der Stadt Shwerin genannt. Auf der Oderlinie findet es ſi 1880 bei Neuſtadt in Oberſchleſien ſeltener als der Gartenrotſ<hwanz; 1857 iſt es nicht ſelten bei Stettin, während es in demſelben Fahre in Köslin no< nicht vorkommit, auc 8 Jahre ſpäter als überhaupt ſelten in Pommern bezeihnet wird. Anfang der ſiebziger Jahre heißt es von ihm, in Kurland ſei es „vielleicht“ einmal bei Libau geſehen worden; um ſo überraſchender iſt es, daß der Vogel, wohl der Dnjepr-Dünalinie nahgewandert, in demſelben Fahre als überall gemein in Petersburg bezeihnet wird, wo er 35 Fahre vorher no< vollkommen fehlte.“

Bei uns zu Lande erſcheinen die Hausrotſhwänze im lezten Drittel des März, in Süddeutſhland ſhon etwas früher. Auch ſie reiſen einzeln während der Nachtzeit, die Männcen voran, die Weibchen einige Tage ſpäter. Sofort nah der Ankunft in der Heimat nimmt der Vogel auf demſelben Dachfirſte, welcher ſein Lieblingsaufenthalt war, wieder ſeinen Stand, und nunmehr beginnt ſein reges, lebendiges Sommertreiben. Er iſt, wie alle Glieder ſeiner Familie, ein ungemein regſamer, thätiger, munterer, unruhiger und flüchtiger Geſell und vom Tagesgrauen bis na< Sonnenuntergang wach und in Bewegung: ſein Lied gehört zu den erſten Geſängen, welhe man an einem Frühlingsmorgen vernimmt, ſeine einfahe Weiſe erklingt noh nah der Dämmerung des Abends. Fn ſeinen Bewegungen hat er viel mit den Steinſhmägern gemein. Er iſt außerordentlich hurtig und gewandt, hüpft und fliegt mit gleicher Leichtigkeit und bü>t ſich oder wippt wenigſtens mit dem Schwanze bei jeder Veranlaſſung, auh wohl ohne eine ſole. Seine Haltung im Sitzen iſt eine aufgerichtete, ke>e; ſein Hüpfen geſchieht mit großen Sprüngen, ru>iweiſe oder mit kurzen Unterbrechungen; ſein Flug führt ihn, wie Naumann ſagt, „faſt hüpfend oder ſhußweiſe ſhnurrend, auf weite Stre>en aber in einer unregelmäßigen, aus größeren und fleineren Bogenlinien beſtehenden Schlangenlinie fort. Er weiß ſi< meiſterhaft zu überpurzeln, zu ſhwenken, mit Schnelligkeit aus der Höhe herabzuſtürzen und ſ{hnurrend wieder hinaufzuſhwingen“; ſeine Flugfertigkeit iſt ſo groß, daß er nah Fliegenfängerart Beute gewinnen, nämlich fliegende Kerbtiere bequem einholen und ſicher wegſhnappen kann. Seine Sinne ſind vorzüglich, ſein Verſtand iſt keineswegs gering entwi>elt. Klug und findig, weiß ex ſehr wohl ſeine Feinde zu würdigen, iſt ſogar mißtrauiſch ſeinen Freunden gegenüber, traut dem Menſchen, bei welchem er ſich zu Gaſte bittet, in der Regel nicht, hält ſich lieber in einer beſcheidenen Entfernung von ihm, womöglich auf dem Firſte des Hausdaches auf. Hier fühlt er ſich ſicher und nimmt anſcheinend keinen Anteil an dem Getreibe unter ihm. Wenig geſellig, liebt er, mit ſeinem Gatten allein ein gewiſſes Gebiet zu bewohnen, und duldet in ihm kein anderes Pärchen der gleichen Art, ne>t und zankt ſich auch regelmäßig mit anderen Vögeln, welche in ſeinem Bereiche ſi niederlaſſen wollen. Seine Locfſtimme iſt angenehm, ſein Geſang aber nicht viel wert und durch ein | onderbares Schnarren ausgezeichnet. Erſtere flingt wie „fid tek tek“ und wird bei Angſt oder Gefahr unzählige Male ſchnell wiederholt; legterer beſteht aus 2 oder 3 Strophen teils pfeifender, teils